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wurde. Namentlich empfand man am Ende des 17. Jahrhunderts die Aus:
wanderung einer Reihe von angesehenen Fabrikanten und die Einwanderung
französischen Gesindels tief, so dass sogar 1699 eine Menge des letzteren
ausgewiesen wurde. — Allmählich erholte sich Lambrecht auch von ‘wiesen
harten Schlägen und gewann die erste Stellung in der Tuchindustrie der
Pfalz und ganz Bayerns. In den Jahren 1776 bis 1786 wurden in diesem
Orte etwa 3000 Zentner Wolle verarbeitet und heute besitzt Lambrecht
mit seinen 3000 Arbeitern 31 Firmen, welche in 14 Hauptbetrieben
Tuche fabrizieren. Hierzu dienen: 9850 Feinspindeln, 1020 Zwirnspindeln,
122 Hand- und 115 mechanische Webstühle, welche von 267 Pferdestärken
Dampf- und 118 Pferdestärken Wasserkraft- und 4 Pferdestärken Gas-
maschinen jährlich 7000 Zentner meistens deutsche und ungarische Wolle
verarbeiten und in der Nachbarschaft (Rheinland, Elsass - Lothringen.
Schweiz etc.) absetzen. Lambrecht besitzt also etwa den 10. Teil sämt
licher Spindeln und den 3. Teil sämtlicher Webstühle, welche für die Woll
industrie in Bayern im Betrieb sind. Unter den oben angegebenen 120,175
Spindeln befinden sich jedoch allein 95,550 Spindeln für die Kammgarn-
spinnereien, so dass nur 24,625 Spindeln für das Verspinnen von Streich:
wolle übrig bleiben. Da hievon nun in Lambrecht allein 10,870 Spindeln
in Betrieb sind, so folgt daraus, dass in diesem Orte beinahe die Hälfte
von derjenigen Wolle versponnen, welche in Bayern als Tuchwolle zum
Verspinnen gelangt.
Die Kollektivausstellung und mehrere Einzelausstellungen aus Lam
brecht gaben denn auch den Beweis, dass in diesem Städtchen die Tuch
macherei ganz auf der Höhe der Zeit steht. Hervorzuheben in der Aus:
stellung ist die Preiswürdigkeit und Vielseitigkeit der Pfälzer Fabrikate:
man sieht Militärtuch in feinen und mittelfeinen Qualitäten und allen Farben.
aber auch Livretuche, Möbelstofte, Köper, Satin, Elastique, Damenmantel
stoffe, Buchskins u. s. w. zum Teil in den modernsten Farben und nach
dem Urteil der Jury von vorzüglicher Qualität.
Ausser in der Pfalz (mit 16,000 Spindeln und 325 Webstühlen) wird
die Verarbeitung der Streichwolle nur noch schwunghaft in Oberfranken
betrieben, wo sich 10 Hauptbetriebe mit 6450 Spindeln und 78 Webstühle
im Ganzen befinden. In den anderen Kreisen wird wenig Streichwolle ver
arbeitet.
Zur Verarbeitung der Kammwolle dienen in Bayern nach der Zählung
von 1875 im Ganzen 93,000 Spindeln und 282 Webstühle. Die ersteren
verteilen sich, so weit es sich um die eigentliche Spinnerei handelt, beinahe
auf zwei Etablissements nämlich auf die Augsburger Kammgarnspinnerei
mit 39,500 und die Kammgarnspinnerei Kaiserslautern mit fast 50,000
Spindeln, wovon jede etwa 1,500000 %Zg Wolle verspinnt. Ferner betreibt
das erste Etablissement 120 Webstühle, also die Hälfte der Webstühle
Bayerns Sie verarbeiteten in- namentlich aber ausländische Wolle und