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A. Allgemeiner Teil, I. Das Verbrechen. 
Noch 1532 spricht man trotz vollberechtigter Gegenwehr Ver- 
weisung und Zahlung einer „Ergetzlichkeit“ an die Witwe aus; 
„keine leibstraf, heifst es, dennoch gepür in solchen Sachen ernst- 
lich zu erzeigen, auch weil das faetum mali exempli sei.‘“?) 
Solch rigoroses Vorgehen entschuldigt sich nur, wenn man 
erwägt, dafs in vielen Fällen die Berechtigung zur Notwehr - - ohne 
ihr die Wahrscheinlichkeit absprechen zu können -—- nicht nach- 
weisbar war und ja die Bedeutung des Reinigungseides frühzeitig 
sank. 
Als unberechtigte Notwehr gilt es, wenn der Tötende vorher 
den Gegner gereizt. So 1490: „Nachdem sich vf der zewgen sag 
erfunden, das derselb Hehel erstlich dem lenker böse, frävele 
wort gebotten und zu vfrur geursacht het, ist eins Rats fug nicht, 
den H. deshalb vfs sorgen zu lassen.“ 10) Anderseits weist der 
Rat den Kläger zurück, sofern der Verwundete oder Getötete 
seiner Verletzung Veranlasser war: ‚„Darvmb das Sye beide ein- 
ander geschmecht, sol er die beschedigung tragen und H. Ime 
darumb zu thun nichts schuldig sein.“ 1!) 
Exzefs der Notwehr ist strafbar. 1529 entscheidet man: „Es 
sei nit noth gewest, sich gegen den Entleibten so zu wehren. wenn 
er sagt, der verstorben het werfen wollen, aus dem eruolg, das 
er nit geworffen hab, und ob er geworffen het, so hab er nit 
genugsam vrsachen gehabt, da%z er sich einer solchen gegenwer 
het geprauchen sollen.“ Der Täter wird gerichtet, ein Helfer, der 
nur „Vfszogen“, verbannt, „damit es nicht heiße, er wäre bei einem 
Totschlag gewest und man hätte ihn ungestraft gelassen.‘ !?) Ein 
andrer beging den Ableib in der Vermutung, dafs Metzger, welche 
sich mit Bleikugeln und Stechmessern bewarfen (!), ihn selbst, der 
dabei stand, treffen wollten. Dieser Einwand erfährt auch Be- 
achtung: „dazu seyen auch b. und st. böfs mörderische wehr, das 
dem gefangen nicht zu verargen. ob (dafs) er sich gleich mit 
/ymerhaken als seinen handwerkswaffen dagegen gerüst hab.“ 
Da er aber, ohne sich von der Stichhaltigkeit seines Argwohns 
Au vergewissern, auf einen Werfenden losstürzte und ihn tötete, 
wird er zur Richtung empfohlen „dann er selbs bekenne, das der 
entleibt ihm kein pöfls wort oder vrsach veben.“ 1) 
9) Rtschlb. VII, 244. 10) Rtb. V, 285. 11) Haderb. I, 1503—16, 178. 
12) Rtschlb. VL 186. 13, Rtschlb. VL. 112.
	        
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