Einleitung.
„Thue Recht und -— förcht Dich darbey!“
H. Sachs
Im Verfahren ward eine kurze Charakteristik des Rates und
der Konsulenten geboten, zugleich der Maximen gedacht, von
welchen sie sich während der Ära des Anklage-, wie des In-
quisitions-Prozesses leiten und beeinflussen ließen. Ein Hinweis
erfolgte vor allem auf das Bewufstsein des Göttesgnadentums,
wie der Unfehlbarkeit, das diejenigen beseelte, welche Alt-Nürn-
bergs Geschicke zu lenken allein für befähigt und berufen galten.
Und demgemäfs tritt — analog den die peinliche Befragung
regelnden Beschlüssen — auch in den Strafaussprüchen und den
sie veranlassenden Verhandlungen jenes aristokratische Selbst-
gefühl, jene — bei Hereinragen politischer Momente — bis zur
Ängstlichkeit gesteigerte Bedächtigkeit, jenes konservative, zähe
Festklammern an den alten, hergebrachten Gebräuchen nur allzu
häufig hervor. Leicht sind sie zu verlefzen und zu kränken in
ihrer unantastbaren Würde durch Bürger, wie durch Gäste; der
Königsfriede waltet um und in der Kurie, jeden dort verübten
Frevel zum Majestätsverbrechen umgestaltend. Nach aussen brüsten
sie sich gerne mit ihrer Gerechtigkeitsliebe und übergrofsen Milde,
und — als sich vornehmlich weisheitsbegabt dünkend — versagen
sie den Parteien die Berufung an des Reiches oberste Instanz,
wie zuweilen — freilich oft nicht mit Unrecht — fremden Ge-
walthabern die Verurteilung und Richtung der von ihnen ange-
klagten, in Nürnbergs Gefängnis schmachtenden Untertanen.
Der Sippe des Schuldigen, den Fürbitten Mächtiger erteilen sie
zu freigebig Gewähr; bei Totschlägen im Landgebiet, wo ihnen
die Jurisdiktion nicht selten vom Nachbarfürsten bestritten wird.
Knapp, Nürnberger Kriminal-Recht.