A. Allgemeiner Teil. 11. Die Strafe.
Indem es — angesichts der Richtung über den Toten — gar
nicht in Betracht kommt, ob dem Verurteilten die Strafe auch
fühlhar, sondern nur, dafs der Gerechtigkeit völlig Genüge getan
wird, so gilt auch später noch die doppelte Exekution, %. B. durch
Rädern und Verbrennen, als zwiefache Bestrafung. Erwägt man
freilich, dafs der Arme durch das Rad an sich nicht sofort getötet
wird, so kann diesfalls von einem bewulfsten Erdulden der zweiten
Strafe gesprochen werden. Meist aber macht ihn der letzte
„Gnaden‘'stols leblos und der darauf folgenden Verbrennung wohnt
ein nur mehr beschimpfender Charakter bei. Dazu bietet sie für
das Publikum ein Furcht und Schrecken erregendes Schauspiel und
ist nicht ohne religiösen Beigeschmack.
Hinsichtlich der Kumulation ist hervorzuheben:
1. Am Gehängten wird eine zweite Strafe fast nie vollzogen.
Den Dieb zu verbrennen. widerspricht dem Zweck der für ihn
erkornen Sühne: Im Kontrast zur Heimlichkeit seiner Tat soll er
Allen sichtbar „im Winde reiten“. Den Enthaupteten flicht man
hiegegen ev. auf das Rad. den Geräderten vierteilt oder verbrennt
man noch. Bei Weibern liest man Begraben und Pfählen, Ertränken
und Verbrennen. Das Feuer wird aber auch durch Zangengriff
markiert, die Schwertstrafe durch Abschlagen der Hand.
2. Meist folgt die schwerere Strafe der gelinderen. Bei Ver-
brennung versteht sich dies von selbst; bei Gatten- und Kindsmord
findet man Zangenstrafe, Begraben und Pfählen, eine diebische
Zauberin wird des Ohrs beraubt und gebrandmarkt.
3. Ist die Sühne bei beiden Delikten die nämliche, so tritt
diese und sonst keine ein. Bei Mordversuch und Raub verhängt
man Schwertstrafe, bei Falschmünzerei und Falschspiel Feuertod.
4. Ob Real- oder Ideal-Konkurrenz vorliegt, ist irrelevant.
Wer Ehebruch oder Notzucht in Verbindung mit Inzest verübt, ist
„weier Delikte schuldig.)
5. So ist auch mehrfacher Mord an einer Person denkbar:
1552 tötet ein Wildmeister einen Knecht „nit allein mit einer
Mordwehr, sondern auch etlichen eingeladenen Schröten, daz dann
vil ein mehrers zu achten, denn wenn er mit einer Kugel entleibt
worden. Also daz solches ein Drippelmord und mer denn ein
andrer straffpar‘*.2)
Ar
Rtschlb. V, 213. 2) Rtsechlb. XIV, 170.