Vorwort.
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gereicht ihnen fürwahr zu geringem Ruhm. Vor Einführung der
hochnotpeinlichen Ordnung ward in Nürnberg bei Beurteilung der
Tat das Willensmoment nur nebensächlich beachtet; keine Richtung
wegen Mordversuchs findet sich zu dieser Zeit im Halsgerichtsbuch
verewigt. Manche Delikte, wie einfacher Totschlag und Kindes-
tötung, erfuhren noch durch Taidigung oder Verweisung ihre Ab-
wandlung. Bald nach der Karolina jedoch steht auf dem Versuch
vieler Verbrechen der Tod, ebenso auf dem selbst durch Zorn
veranlafsten Totschlag; bei Kindestötung gipfelt in der Folge
diese Strenge in raffinierter Grausamkeit. Und auch sonst sah man
den in jeder Hinsicht elastischeren Brauch leichter durch die Milde
beeinflufst, als jetzt die strikte positive Satzung.
Trotzdem ist die Reihe der Bluturteile der früheren Periode
stattlich genug, um den Rat keiner allzu grofsen Schwäche zeihen
zu müssen; zumal gegen Fälscher verfährt man wegen der Unmasse
des damals Deutschland überflutenden Falschgeldes erbarmungslos.
Nicht so verwunderlich ist, dafs man — wie stets mit Entrüstung
hervorgehoben wird — so lange (bis 1515) bei dem Lebendig-
begraben beharrte. Auch noch nach der Karolina sollte man ja
hierzu bei „Unbequemlichkeit“ des Wassers berechtigt sein. Dies
aber traf sicher für Nürnberg zu. Und war das Ertränken dann
wirklich um vieles milder? Fast einer Stunde bedurfte es mit-
unter, bis die Arme den Tod in dem seichten Pfühl erschlürfte,
die Richtung hatte statt, auch wenn der Fluls — überfroren war. —
Hinsichtlich der Ausarbeitung blieb ich den im Verfahren
erörterten Prinzipien treu; dies gilt zumal für die angefügten Noten.
Da dortselbst das materielle Recht bereits einiger Streifblicke
gewürdigt ward, so erwiesen sich Wiederholungen als unvermeidlich.
Angesichts des reichen Quellenmaterials trat die Verwertung von
Litteratur scheinbar in den Hintergrund: eingehendste Beachtung
fand sie beim Vorstudium.
Die Rechtssprechung vor der Karolina ist tunlichst von der
spätern geschieden. Um ferner gleichsam eine Parallele zum
Alamannischen Strafrecht hervorzurufen, erkor ich dies hinsichtlich
der Einteilung vielfach als Vorbild. Sorgfältig vermied ich es,
Lücken durch fremde Satzungen zu überbrücken, die Darstellung
durch langathmige Vergleiche zu trüben. Nur so vermag die
Abhandlung einen einheitlich geglicderten, übersichtlichen, auch
für den Generalhistoriker nutzbaren Stoff zu bieten.