Volltext: Geschichte der Stadt Nürnberg von dem ersten urkundlichen Nachweis ihres Bestehens bis auf die neueste Zeit

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also um Leben und Tod handelte — geschah an dem bestimmten 
„Rechtstag“ nach dem Votum der Schöffen, deren, wie wir wissen 
dreizehn im Rate saßen. Ihr Votum hatte aber in unserer Zeit 
eine formelle Bedeutung, da sie, wie Scheurl in seiner vielgenannten 
Epistel schreibt, „nichts anders urthailen dann was zuvor durch ein 
gantzen rath beschlossen ist“. Das eigentliche Urteil fällte der Rat 
selbst und zwar auffallend genug in den gewöhnlichen Ratssitzungen, 
neben den Beschlüssen über kleinliche und kleinste Dinge. Nur die 
Eruierung des Thatbestandes lag den Schöffen ob, und zwar waren 
es jedesmal zwei, die sog. Lochschöffen, die mit Hilfe von Lochschreibern, 
des Nachrichters und des „Löwen“ die Untersuchung gegen den Ange— 
schuldigten führten. Aber auch hier hatte sich bei allen wichtigeren 
Fragen der Rat selber die Entscheidung vorbehalten, namentlich jede 
peinliche Befragung, die Tortur, mußte vom Rat genehmigt werden. 
Die übrigen Schöffen nahmen das andere Beweismaterial auf, ver— 
hörten die Zeugen, erledigten den gelegentlich ziemlich umfangreichen 
Schriftwechsel u. a. m. In einem besonderen Beratungszimmer im 
Rathaus hatten dann sämtliche Schöffen das Urteil zu finden, über 
das dann im ganzen Rat abgestimmt wurde. Die Stimmenmehrheit 
entschied. War das Urteil gefällt, so wurde ein besonderer „Rechtstag“ 
bestimmt, an dem die Schöffen unter dem Vorsitz des Stadtrichters 
über den Üübelthäter richteten. 
Wer in unserer Zeit unter der Beschuldigung eines todeswürdigen 
Verbrechens in die Hände der Obrigkeit fiel, den erwartete in der Regel 
kein beneidenswertes Los.“) Die Untersuchungshaft von damals war 
grausamer als das schwerste Zuchthaus oder Strafgefängnis, das unsere 
jetzigen Verbrecher aufzunehmen pflegt. Die Gefangenen wurden fast 
durchgängig in das Lochgefängnis oder kurzweg „Loch“ gelegt, das, 
wie wir bereits wissen, einen Teil des Kellerraumes des alten Rathauses 
bildet. Es befinden sich hier zwölf fortlaufend numerierte unterirdische 
Kerkerzellen, (die „Prisauns“), jede etwa 2 Meter im Quadrat und 
2 Meter hoch, von denen die beiden letzten außerdem noch mit den 
Figuren eines roten Hahns und einer schwarzen Katze bemalt sind. 
Sie sind völlig dunkel, in jeder befindet sich eine hölzerne Pritsche, 
die in zwei Zellen noch eine Vorrichtung aufweist, um die Hände und 
Füße dreier Personen zugleich einzuspannen, den sog. „Stock“, mit 
dem häufig auch Kriegsgefangene, doch nur geringere Leute, die man 
zu irgend einem Geständnis, einer Erlegung höheren Lösegelds u. s. w. 
zwingen wollte, Bekanntschaft machen mußten. Durch ein einfaches Loch 
) VBgl. für das folgende hauptsächlich Knapp, Hermann, Das Alte Nürn— 
berger Kriminalverfahren. Inaug.-Diss. Berlin 1891.
	        
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