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im Winter drei Stunden lang in die Nacht hinein zu betteln, freilich
nicht ohne Licht. Merkwürdig ist die Bestimmung, daß Leuten, di—
Kinder hätten, von denen eins über acht Jahr alt und „ungebrechlich
wäre, das Betteln nicht gestattet werden sollte, „nachdem und dieselben
ihr brot wol verdienen mögen.“ Konnte diesen Kleinen von ihren El—
tern selbst nicht zu Diensten verholfen werden, so wurden sie zu den
Stadtbütteln gebracht, die sich nach einem Dienst für sie umsehen
sollten. Nur bei vier oder fünf Kindern sollte hierin Nachsicht geübt
werden, da doch das ältere Kind, um die kleinen Geschwister zu warten,
zu hause bleiben müßte. Nicht verkrüppelte, nicht blinde oder lahme
Bettler sollten „an der pettelstat“ nicht müßig sitzen, sondern spinnen oder
eine ähnliche Handarbeit verrichten. Bettler, die einen ekelerregenden
Schaden hätten („davon die swangern frawen durch gesicht schaden
empfahen mochten“), sollten diesen nicht offen zur Schau tragen. Im
Innern der Kirchen selbst sollte niemand durch Betteln den Besuchern
lästig fallen, ein Verbot, das, weil am schwersten kontrollierbar, wohl
auch am wenigsten Beachtung gefunden haben dürfte. OÖffentliches
Singen, Verkaufen von Gegenständen war verboten. Fremde Bettler
hjatten zur Zeit der Heiligtumsweisung, am Allerheiligen- und Aller—
seelentage stets freien Zutritt (vygl. außerdem oben). Fahrende Schüler
sollten nicht länger als drei Tage beherbergt werden, einheimischen
armen Schülern, die, wie es damals Sitte war, um ihr Brot bettelten,
sollte dies nur dann gestattet sein, wenn sie „pfleglich“ (gewohnheits⸗
mäßig) zur Schule gingen und sich als „gehorsame“ Schüler erwiesen.
Auch bei den professionsmäßigen Bettlern wurde auf einen guten
Lebenswandel gehalten. Wie sehr man aber diesen in der äußerlichen
Beobachtung kirchlicher Gebote erblickte, geht daraus hervor, daß der
schon genannte Chronist, der Bierbrauer Heinrich Deichsler sich rühmt,
er hätte, während er das Amt eines obersten Herrn über die Armen
bekleidete, für diese die Verpflichtung eingeführt, daß „ein jeder ge—
sunter all veirtag und all suntag muß meß hören pei einer puß Strafe)
und all jar (Jahrzeitgebete) peten und zehen pot können und peichten.“
Der Rat, der Leiter der äußeren Politik der Stadt, ihr oberster
Souverän in allen Polizei- und Verwaltungssachen, war auch der
eigentliche Gerichtsherr, der höchste Pfleger der Gerichtsbarkeit inner—
halb des Gemeinwesens. Allerdings übte er dieses Recht nicht kraft
eigener Maßvollkommenheit, sondern als Vertreter des Kaisers, der
Quelle alles Rechts im heiligen römischen Reiche. So wäre denn
auch streng genommen der Kaiser im Besitze der Gerichtshoheit gewesen.
(Forts. folgt.)