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verstärken, die Uneinigkeit innerhalb der Leitung der
preussischen Politik die Schwierigkeiten nur vermehren
werde, mit denen man bei der für sehr nahe geglaubten
endgiltigen Regelung, einer Regelung im Konservativen
Sinn zu kämpfen habe. Im Frieden hatte er. geduldet,
dass divergierende politische Richtungen bald neben ein-
ander hergingen, bald sich zusammenfanden; im Kriege
und bei den Friedensverhandlungen sollten die ausführenden
Organe den Willen des Herrschers bestimmt und ohne
Abschwächung ausdrücken. Die Beziehungen des Ministers
zum König wurden bei der Festigkeit, mit der Schulen-
burg diesmal an’ seinen Ansichten festhielt, rasch lockerer.
Er erschien nicht mehr so häufig wie bisher zum Vortrag;
wichtige Angelegenheiten wurden ohne seine Gutheissung
oder Benachrichtigung entschieden, Der Suverän fand
keinen Gefallen, mit einem so wenig nachgiebigen
Manne, der sich andauernd beleidigt und verstimmt zeigte,
länger in persönlicher Aussprache zusammenzuarbeiten,
So sah er sich unter dem Stab der preussischen Diplomaten
nach einem Ersatz um. Der neue Ratgeber sollte mit
der nötigen Fügsamkeit gegen den Willen des Königs die
Gewandtheit vereinigen, welche die schwierigen Verhand-
{ungen in einem von politischen Parteiungen zerklüfteten
Land erforderten. Sein Auge fiel auf Lucchesini, der
bereits vor zwei Jahren ein ähnliches Amt gehabt hatte.
Damals hatte sich Friedrich Wilhelm wie 1792 mit
dem ministeriellen Leiter der auswärtigen Politik über-
worfen. Lucchesini war damals aus Warschau herbei-
gerufen worden. Er verfocht die Anschauungen des Königs
gegen den Minister, und schon bezeichnete man ihn als
dessen Nachfolger. Zu Warschau, Reichenbach und Sistowa
waren sein Scharfsinn und seine Geschicklichkeit erprobt
worden, so dass er trotz seiner kurzen Thätigkeit als Ge-
sandter zu den gefürchtetsten preussischen Diplomaten
oehörte. Am 2090. Juli 1792 erhielt er Befehl, sich von