Inhaltsverzeichnis: Berichte über die Bayerische Landes-Industrie-, Gewerbe- und Kunst-Ausstellung zu Nürnberg 1882

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Unter den aus Pappe und Papier erzeugten Gegenständen ist den- 
jenigen eine besondere Rolle zugewiesen, welche in Verbindung mit mancherlei 
anderen aus Metall, Holz, Glas, Sammt, Leder u. s. w. hergestellten 
Teilen den Namen Kartonnage-Arbeiten führen, da sie nicht nur eine 
unglaubliche Mannigfaltigkeit darbieten und daher die Erfindungsgabe nicht 
wenig in Anspruch nehmen, sondern auch deshalb, weil sie besonderen 
Geschmack in Formen und Farben verlangen. Seitdem nun diese Industrie 
auch in Deutschland eine grössere Ausdehnung gewonnen hat, ist hier eine 
Art Arbeitseinteilung eingetreten, indem in Berlin hauptsächlich Phantasie- 
artikel, in Sachsen Ball- und Nippsachen, in Württemberg Apothekerschachteln, 
in Bayern Ausfuhrartikel aller Art fabriziert werden. Immerhin ist die 
Fabrikation in Bayern nicht von grosser Ausdehnung und fast allein auf 
Nürnberg und Fürth beschränkt, da mit der Anfertigung dieser Gegen- 
stände etwa nur 300 männliche und weibliche Arbeiter Beschäftiguug finden. 
Aus neuerer und zum Teil aus neuester Zeit stammt eine Menge 
von Papierartikeln, welche die heutigen Verkehrsverhältnisse geschaffen 
haben, nämlich: Briefumschläge, Anhänge-Etiquets, Papiersäcke für Probe- 
sendungen, für gewöhnlichen Gebrauch und zum Verpacken feiner Konditorei- 
Zucker- u. dergl. Waren. Es ist höchst bemerkenswert, dass dieser 
Industriezweig in Bayern zur gedeihlichen Blüte gelangt ist, so dass u. A. 
die Postanhänge-Etiquets von August Neustädter in München weit über 
Bayerns Grenze hinaus beliebt sind. — Ein Aussteller von Papierlampen- 
Schirmen, F. R. Prantl in München, zeigte endlich in seiner Ausstellung 
eine recht beachtenswerte Leistungsfähigkeit. 
Zu den neuesten Verwendungen des Papiers gehört der als Ersatz 
für Holz, dem gegenüber es den Vorteil grosser Gleichmässigkeit und 
Widerstandsfähigkeit gegen äussere Einflüsse besitzt, da es, richtig behandelt 
sich weder wirft noch zieht, weil es weder schwindet noch quillt, überhaupt 
der Aufnahme von Feuchtigkeit vollständig Widerstand leistet. Dabei kann 
die Härte einen solchen Grad erreichen, dass die Gegenstände einer hohen 
Glätte fähig werden. . 
Von der letzten Eigenschaft macht man in grösserm Masstab jetzt 
Gebrauch zur Anfertigung von Kalanderwalzen, die in der Weise hergestellt 
werden, dass man rund geschnittene Papierblätter mit einem viereckigen, 
zentrisch sitzenden Loch auf eine eiserne Achse schiebt und mit einer 
hydraulischen oder Schraubenpresse unter entsprechendem Drucke so lange 
zusammenpresst, bis das P. beim Nachlassen des Drucks nicht mehr zurück- 
springt. Solche Walzen waren ausgestellt von Hitschler uud Andres in 
Zweibrücken, aber nicht zum Kalandern sondern mit Mustern versehen. 
als Druckwalzen für Tapetendruck. 
Dicke Platten, als gegautschte Pappe aus einer Masse erzeugt, die 
höchst zweckmässig aus Tauenden, alten Seilen, Segeltuch u. dgl. hergestellt 
wird und womöglich noch Teer enthält, liefert jetzt ein gesuchtes Material
	        
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