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Gemeinnützige Anstalten, Armenwesen und Wohllktätigkeit
5. Die Arbeitsnachweise können für bestimmte Berufe und Berufsgruppen oder auch für bestimmte Be—
triebe tätig sein.
Ersteres ist z. B. der Fall bei den kaufmännischen, den gewerfkschaftlichen Nachweisen, den Dienstboten—
nachweisen charitativer Vereine, letzteres bei den Arbeitsnachweisen der Arbeitgeberverbände. Dementsprechend
»emißt sich auch das Gebiet ihrer Vermittlungstätigkeit. So kann ein kaufmännischer Nachweis Seellen für kauf—
männisch Vorgebildete vermitteln, gleichgültig ob sie im Handelsgewerbe oder anderwärts, etwa bei öffentlichen
Behörden zu besetzen sind. Anderseits kann der Nachweis eines Arbeitgeberverbandes offene Stellen jeder Art
(kaufmännische Angestellte, Handwerker, gelernte oder ungelernte Arbeiter) für die ihm angeschlossenen Firmen
besetzen. Maßgebend ist die Angabe nach 89.
6. Nach 8 10 haben alle Arbeitsnachweise gewisse Meldungen zu erstatten und zwar entweder nach
Abs. 1 an das Kaiserliche Statistische Amt in Berlin oder nach Abs. 2 an die gemeindlichen Arbeitsämter.
Der Zweck dieser Bestimmungen ist, einen Überblick über die Bewegung des Arbeitsmarktes zu schaffen
und, soweit möglich, einen Ausgleich der offenen Stellen und der Stellengesuche herbeizuführen.
Von den Arbeitsnachweisen wird ein förderliches Zusammenarbeiten mit den Arbeitsämtern erwartet.
Dieses kann namentlich erreicht werden, wenn bei den Arbeitsämtern besondere Ausschüsse aus Vertretern der
letzteren und der Arbeitsnachweise gebildet werden, die zu regelmäßigen Beratungen oder zu Besprechungen über
bestimmte Fragen zusammentreten. Die Leitung der Verhandlungen wird den Arbeitsämtern zukommen, die zwar
nicht vorgesetzte Behörden der Arbeitsnachweise sind, in ihrer Eigenschaft als öffentliche Einrichtungen der Ge—
meinden jedoch zu einer führenden Stellung auf dem Gebiete der Arbeitsvermittlung berufen erscheinen.
Je nach Zweckmäßigkeit können die Arbeitsämter die Nachweise der verschiedenen Gruppen, z. B. der
Arbeitgeber, der Arbeitnehmer, der gemeinnützigen Vereine, der kaufmännischen Verbände, für Industrie und
Handwerksbetriebe, getrennt oder zusammen zu Sitzungen einladen.
Die Kgl. Regierungen, Kammern des Innern, haben die Bildung von solchen Ausschüssen alsbald in die
Wege zu leiten. Über das Ergebnis ist zu berichten.
7. Die Vordrucke für Monats- und Jahresberichte nach 8 12 sind vom Kal. Statistischen Landesamt
jegen Ersatz der Kosten zu beziehen.
8. Gedruckte Vorschriften zum Aushängen in den Betriebsräumen (8 14) sind von der Druckerei des
Staatsanzeigers“ (München, Frauenstraße 7) zu beziehen.
9. Wie bereits in Ziffer 2 der Ministerialbekanntmachung vom 31. Dezember 1912 (Min.Amtsblatt
1913 S. 2) hervorgehoben wurde, herrscht auf dem Gebiete des Stellen- und Arbeitsnachweises eine außer—
ordentliche Zersplitteuung. Es muß wiederholt als dringend wünschenswert bezeichnet werden, daß hier eine
»essere Gestaltung Platz greift; dazu sollen auch die in obiger Ziffer 6 empfohlenen Ausschüsse dienen. An die
Inhaber der nicht gewerbsmäßigen Arbeitsnachweise wird die dringende Mahnung gerichtet, insbesondere während
der Kriegszeit, die ein Zusammenfassen aller Kräfte erfordert, Sonderbestrebungen zurückzustellen und sich in irgend
einer Form den gemeindlichen Arbeitsämtern anzugliedern. Allenthalben zeigt sich der feste Wille, zum Besten
der Allgemeinheit zusammenzuarbeiten. Es darf auch von den Stellen, die für die Arbeitsvermittlung tätig sind,
erwartet werden, daß sie ihre Kräfte nicht zersplittern, sondenn vereinigen. Dies ist vor allem notwendig, wenn
später die Arbeitsvermittlung für die Millionen heimkehrender Krieger richtig und mit Erfolg einsetzen soll. Die
Fürsorge für diese und für das Wiederaufblühen des Erwerbslebens in unserem Vaterlande muß auch hier
voranstehen und richtunggebend sein.
München. 7. August 1915.
Dr. Graf von Hertling. Dr. Frhr. von Soden-Fraunhofen.
Als gemeindliches Arbeitsamt im Sinne des 8 10 der Bekanntmachung und der
Ziffer 1 Absatz 4 der Vollzugsbestimmungen hierzu wurde distriktspolizeilich das städtische
Arbeitsamt Nürnberg bestimmt.
Zum weiteren Vollzuge der Ministerialbekanntmachung wurde am 13. September 1915
unter dem Vorsitz des Referenten für das städtische Arbeitsamt eine Besprechung mit den
Vertretern der Arbeitsnachweise angesetzt, um sich vor allem zu vergewissern, ob überhaupt