Volltext: Anselm von Feuerbach, der Jurist, als Philosoph

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Wissenschaft nennt Feuerbach „die individuelle Art, durch die 
ihr Gegenstand erkannt wird‘‘; der Inhalt aber wird durch 
den Gegenstand der Wissenschaft bestimmt, der das Gebiet der 
Wissenschaft ausmacht. Eine Wissenschaft ist nun eine be 
sondere für sich bestehende, wenn sie sich vor anderen ent- 
weder durch ihre Form oder durch ihren Inhalt oder durch 
beide zugleich unterscheidet. Hat sie mit irgend einer anderen 
Wissenschaft Form und Inhalt gemein, so ist sie keine beson- 
dere Wissenschaft, und vielleicht dem Namen, nicht aber der 
Sache nach von anderen unterschieden. 
Mathematik würde keine von der Philosophie abgesonderte 
Wissenschaft sein, wenn sie nicht durch ihre Form sich von 
ihr unterschiede. Jene hat wie diese das a priori in dem 
menschlichen Gemüte bestimmt zum Gegenstande, aber sie tritt 
als eigene Wissenschaft auf, da sie ihre Begriffe kombiniert, 
während Philosophie sich nur allein mit Begriffen beschäftigt. 
Transzendentale Psychologie wäre mit der empirischen 
eine und dieselbe Wissenschaft, da sie beide das menschliche 
Gemüt zum Gegenstand haben, wenn nicht jene ihre Lehrsätze 
aus reinen Prinzipien a priori, diese aber sie aus der Erfahrung 
herleitete. 
So ist es mit allen Wissenschaften beschaffen, wenn sie 
wirklich für sich bestehende Wissenschaften sein sollen. 
Entweder ihre Form oder ihr Inhalt oder beide zugleich 
müssen‘ der. Unterschied bestimmen, und es gibt nichts, wo- 
durch sie sich den Rang einer abgesonderten Wissenschaft 
anmassen könnten. — 
Hinsichtlich des Erkenntnisproblems steht Feuerbach ganz 
auf dem Boden Kants. Erkenntnis ist für ihn nur auf zwei 
Wegen möglich: Entweder aus Erfahrung a posteriori, oder 
aus dem, was aller Erfahrung vorhergeht: a priori. Und die 
Philosophie teilt sich demnach in Hinsicht auf ihre Erkennt- 
nisart in empirische und in reine Philosophie. 
Schliesst sich so seine bisherige Philosophie unmittelbar 
an Kant an, so bildet einen gewissen Fortschritt die Abhand- 
lung in Niethammers Journal!) : „Ueber die Unmöglichkeit 
eines ersten absoluten: Grundsatzes der Philosophie.“ Wir er- 
') cfr. Nieth, Journal 2. Bd. S.207—209. „Ueber die Unmöglichkeit eines 
oüobersten Grundsatzes der Philosophie.“
	        
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