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mit unaussprechlicher Freude, und er eilte, den Auf—
trag, welchen er von Sixtus noch erhalten hatte, die
Kirchenschätze unter die Armen zu vertheilen, auf das
Sorgfältigste zu vollziehen, damit das Erbgut der
Armen nicht in die Hände der Ungläubigen fiele.
Der Gedanke, daß der Herr ihn bald mit seinem
heiligen Oberhirten wieder vereinigen werde, erhöhte
seine liebevolle Thätigkeit, und bald hatte er nicht
nur alles Geld unter die Wittwen, Jungfrauen und
anderen Armen vertheilt, sondern auch die heiligen
Gefäße verkauft, um so ganz ungehindert vom Zeit—
lichen den Kampf für den Glauben bestehen zu können.
Bei der Ausspendung des reichlichen Almosens
wirkte der heilige Laurentius auch mehrere Wunder
und bekehrte dadurch viele Heiden, wurde jedoch als—
bald auf Befehl des Statthalters von Rom, welcher
nach den Kirchenschätzen lüstern war, aufgesucht und
vor Gericht geführt. Als der Statthalter so Manches
über die großen Schätze, welche die Christen besitzen
sollten, deren aber der Kaiser dermalen sehr bedürfte,
geschwätzt und den heiligen Diakon zu ihrer Aus—
lieferung aufgefordert hatte, antwortete dieser mit aller
Fassung und Sittsamkeit: „Unsere Kirche besitzt aller—
dings große und wohl bedeutendere Schätze, als der
Kaiser selbst hat; und wenn Du mir die kurze Frist
von drei Tagen zugestehest, so werde ich in dieser
Zeit Alles in Ordnung bringen und Dir dann die
Schaͤtze zeigen.“
Der Statthalter, welcher nur irdische Schätze im
Sinne hatte und sich ihres Besitzes schon im Voraus
freute, bewilligte gern die kurze Frist.