Metadaten: 'Vitaspatrum', dt. / Nürnberger 'Vitaspatrum'-Bearbeitung – Nürnberg, STN, Cent. IV, 18

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zwar von J. Häussling in Lambrecht, welcher sowohl rohe als karbonisierte 
Lumpen ausgestellt hatte. Diese Firma hat sich einen erheblichen Absatz 
des genannten Produktes nach Elsass und Süddeutschland verschafft und 
sich daher ein Verdienst um die Einführung dieses neuen Industriezweiges 
in Bayern erworben. Die Karbonisation wird in der Weise ausgeführt, 
dass man die halbwollenen Lumpen erst in verdünnter Salzsäure einweicht 
und dann in einem besonderen Apparat mit Luft trocknet, die auf etwa 
100° C. erwärmt wird und durch die Masse strömt. Die Wegführung der 
mit den saueren Dämpfen geschwängerten Luft sollte dabei mit Schonung 
der Nachbarschaft stattfinden. Nach diesem Prozess findet dann ein Waschen 
mit Wasser, ein zweites Trocknen und endlich ein Zerfassern in dem sog 
Lumpenwolf statt, wobei die Baumwolle als Staub abgeht. 
5. Seiden-Industrie. Welche Ausdehnung und Bedeutung die Seiden- 
Industrie besitzt, mag daraus hervorgehen, dass im Jahre 1878 die Ernte 
an Kokons sich auf nahezu 58 Millionen &g bezifferte. 
Trotz der unausgesetzten Bemühungen und Aufmunterungen hat sich 
leider immer mehr die Gewissheit herausgestellt, dass im deutschen Reiche 
die Aufzucht der Seidenraupen nicht lohnend betrieben werden kann; denn 
an der Gesamtproduktion der Kokons nimmt Deutschland nur mit 100,000 &g 
also einem verschwindend kleinen "Teil statt, während doch andererseits 
etwa 1] Million %g Seide in unserem Vaterlande verarbeitet wird. 
Wie ernst man es mit der Einführung der Seidenzucht (welche mit 
der Einwanderung der Hugenotten zusammenhängt) genommen hat, beweisen 
besonders die Anstrengungen hierzu in Bayern, Hier entstand (1670) die 
erste Seidenbaugesellschaft in Deutschland, welche unter der Protektion 
Max Emanuels in München eine Seidenfabrik errichtete. Der Kurfürst 
Max IIL lies 1740 ein Schlösschen neben dem Hofgarten zu einer Seiden- 
Manufaktur .herrichten, das unter Karl Theodor eine weitere Ausdehnung 
dadurch erhielt, dass dieser in der Pfalz 80,000 Maulbeerbäume pflanzen 
liess. Wie fast alle Industrien so bekam auch die Seidenraupenzucht unter 
der französischen Herrschaft den letzten Stoss. — Als aber in den 30 Jahren 
dieses Jahrhunderts das kgl. Staatsministerium durch Ausschreiben von 
Belohnungen abermals den Impuls zum Seidenbau gab, wurde dieseı 
so rege, dass (1834) sich in Bayern über 4 Millionen Maulbeerbäume befanden. 
und die allgemeine deutsche Ausstellung in München 1854 eine hervor- 
ragende Sammlung von Kokons aus Bayern aufweisen konnte. — Im gleichen 
Verhältnisse wuchs die Zahl der Seidenabhaspelungs-Anstalten. Dann folgte 
aber bald ein vollständiger Niedergang, so zwar, dass Bayern im Jahre 1878 
nur mehr 364 Maulbeerbäume besas, und augenblicklich die Seidenzucht 
wohl als bedeutungslos wenn nicht als erloschen betrachtet werden kann 
Dahingegen ist (S. nebenstehende Tabelle) die Verarbeitung aus. 
ländischer Seide nicht ohne Vertretung, da in Bayern sowohl Spinnereien
	        
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