In der Stadt hatte der junge Osterhausen lange mit grofser Sehnsucht
nach den Freuden der Natur zu kämpfen, doch fand er bald Gefallen am
Studium der lateinischen, griechischen und hebräischen Sprache, wozu ihn
sein strenger Vater anhielt.
Er besuchte die Spitalschule und hatte an dem Rektor Scheuber
einen warmen Freund und geliebten Lehrer gefunden, dem er, wie er sich
selbst ausdrückt, die erste Bildung und Richtung seines Geistes verdankte,
— Er trat dann an die Schule zu St. Lorenzen über, wo Rektor Serz als
vortrefflicher Lehrer wirkte. Diese Schule verliefs er 1783, um am 30. Sep-
tember die Universität Altdorf zu beziehen. Bald machte sich bei ihm der
Ernst des Studiums, namentlich der Philosophie geltend, wie ein reich-
haltiger Briefwechsel mit seinem Studiengenossen, dem nachmaligen Professor
und Geheimrat Dr. Erhard, dessen Leben durch Varnhagen von Ense’s
Denkwürdigkeiten in weiteren Kreisen bekannt geworden, schon damals
zeigte. Erhard war gleich grofs als Mediziner und Philosoph und war
von seinen hervorragenden Zeitgenossen Kant, Wieland, Herder, Schiller.
Goethe etc. hochgeachtet.
Das innige Verhältnis mit diesem entschieden philosophischen Cha-
rakter, der immer wieder neue Anregungen zu philosophischen Forschungen
gab, mufste natürlich auch auf Osterhausen, der selbst das philosophische
Studium mit grofser Vorliebe betrieb, bedeutenden Einflufs äufsern. Er
hörte seine philosophischen Kollegien hei Nagel, Will und Mayer; aufser-
dem beschäftigte er sich auch mit griechischer und hebräischer Sprache,
sowie überhaupt Philologie immer noch sein Hauptgeschäft war. Doch
verhehlte er schon damals seine Lust zum medizinischen Studium nicht,
obwohl sein Vater ihn zum Theologen bestimmt hatte. In jüngeren Jahren
hatte er zwar dazu Neigung, allein durch das Lesen exegetischer Schriften
verlor er sie gänzlich; dazu trug auch noch ganz besonders die Barth’sche
Übersetzung der Bibel bei. Er fafste deshalb den Entschlufs, Philologe zu
werden, doch sollte bald ein Zufall seine Neigung zur Arzneiwissenschaft
erwecken. Auf dem anatomischen Theater dahier in der jetzigen Armen-
beschäftigungsanstalt wurden jährlich ein paar Leichname zergliedert zum
Zwecke der für Barbiere gehaltenen Vorlesungen. Die Wifsbegierde, sich
vom Bau des menschlichen Körpers nähere Kenntnis zu verschaffen, trieb
Osterhausen mit seinem Freunde Erhard an, diese Vorträge zu be-
suchen. Von da an war sein einziger Wunsch, Medizin zu studieren, und
obgleich als stud. theolog. inscribiert, konnte er sich nicht entschliefsen,
die einschlägigen Kollegien zu besuchen und hörte. das erste Jahr blos
>hilosophische und philologische Fächer.
Im zweiten Jahre besuchte er die Vorlesungen über Naturgeschichte
bei Vogel und versäumte nie die anatomischen Demonstrationen. So ver-
liefen zwei Jahre, ohne dafs sich der Zustand änderte; da ging er noch-
mals mit seinem Vater zu Rate, der endlich nachgab, aber keine Aussicht
vor sich sah, wie er bei zahlreicher Familie die nötigen Subsistenzmitte!