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Elftes Kapitel.
„Großen Ruhm“, fuhr Friedrich fort, „hat daheim in
Sachsen Lukas Kranach, der liebe Mann. Er ist ein gottbe—
gnadeter Künstler; jedoch mit Euch, Meister Dürer, mag er sich
nicht messen. Solches rede ich nicht, Euch hoffärtig zu machen
oder den Meister Lukas zu verkleinern, sondern zum Preise
Gottes, der Euch in überreichem Maße ausgestattet. Er schenke
Euch gute Gesundheit und ein langes Leben, auf daß Ihr mit
dem vertrauten Pfunde reichlich wuchern möget zu seiner Ehre
und der Menschen Ergötzung. — Aber ich möchte von Euch
mehr empfangen als flüchtige Augenweide: meine Stadt Witten—
berg soll auch sehen, was der Nürnberger Meister vermag.
Bitte Euch derhalben, Ihr wollet mir für die Allerheiligenkirche
dieser Stadt ein groß Altargemälde machen, dem Heiligtum zum
würdigen Schmuck.“
Dürers gerötete Wangen färbten sich noch um einen Schein
dunkler, und seine Augen bekamen einen feuchten Glanz. Tief
bewegt neigte er sich vor dem hohen Herrn und sagte ihm seinen
Dank für die hohe Ehre, deren er gewürdigt sei, fragte dann
auch, welche Figuren etwa das Altarbild schmücken sollten,
worauf der Kurfürst ihm ganz freie Hand ließ: „Ich will Euch
nicht meistern noch beengen, liebster Dürer. Malet nur, was
Ihr möget, und was das Herz Euch sagt.“
Und nun ließ sich der hohe Herr, während Herzog Hans
die Bilder betrachtete, noch eine ganze Weile zu einem freund—
lichen Geplauder herab, fragte auch nach der Frau Agnes und
sprach den Wunsch aus, sie zu sehen.
Da erschien denn die Gerufene, gleichfalls in ihrem Feier—
kleid, und mit sichtlichem Wohlgefallen ließ der Kurfürst seine
Augen auf der minniglichen Gestalt ruhen, deren Wangenrosen
unter dem Sonnenschein der fürstlichen Huld zum schönsten Rot
erblühten, und deren Mund, nach Ueberwindung der ersten