Exkurs II. Heinrich Grieninger und die
Nürnberger Poetenschule.
Das moderne geistige Leben, das sich in Nürnberg seit
den Tagen Gregors von Heimburg und Niklas’ von Wyle
immer deutlicher verfolgen lässt und durch die Bestrebungen
der älteren Pirckheimer und ihres Kreises wie durch den
kurzen Aufenthalt Regiomontans zu so hoher Blüte sich ent-
faltete, musste gegen Ende des Jahrhunderts, als die human-
nistische Gemeinde es zu einer recht stattlichen Anzahl von
Mitgliedern gebracht hatte, seinen Einfluss auch auf dem
Gebiet des Schulwesens zur Geltung bringen. Gerade dahin
drängte allerorten der pädagogische Zug, der dem deutschen
Humanismus im Blute steckte; mochte es auch anfangs an
tüchtigen Lehrern fehlen, mochten auch die Wege, auf denen
die neuen wissenschaftlichen Errungenschaften für die Schule
zu verwerten seien, nur nach mannigfachem Tasten gefunden
werden, das dringende Bestreben, die Gedanken und Aus-
ärucksformen des Altertums als bestes Bildungsmittel schon
der Jugend nahe zu bringen, zeitigte hier und dort ganz
neue „Poetenschulen“ oder gab doch wenigstens Veranlassung
zur humanistischen Reform der alten lateinischen Kloster-
und Stadtschulen. Gewiss, noch gab es so traurige Ver-
hältnisse, wie in Benediktbeuren, wo der Schullehrer zwischen
dem Küchenjungen und dem Klosterknecht dem Range nach
stand und an Gehalt nicht viel mehr bezog als sie, aber um
ein Drittel weniger als der Oberkoch *) — doch das waren
*) WVierthaler, Geschichte des Schulwesens in Salzburg 1803, p.
117 aus der vom Abt Narcissus Paumann 1489 eigenhändig geschriebenen
Klosterrechnung.