fullscreen: Evangelistar (griechisch) – Nürnberg, STN, Cent. V, App. 40

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Dritter Teil. Das Rechnungswesen. 
solle, scheint im Mittelalter ganz allgemein dahin ausgelegt worden zu 
sein, dafs, wer sich mit öffentlichem Gute zu plagen habe, auch wohl 
berechtigt sei, sich in bescheidenen Grenzen daran gütlich zu thun. So 
liefs es sich z. B. der Baumeister der Stadt gern gefallen, dafs seine Stein- 
brucharbeiter im Reichswalde eine Ehrengabe für ihn aus Baumzweigen 
zurechthieben; und als der Waldamtmann deshalb von ihm die Forstfrevel- 
bufse einforderte, drohte er, das Strafgeld der Stadt in Rechnung zu stellen, 
da das Geschenk ihm von Amts wegen zukomme. Bauabfälle zu seinem 
Nutzen zu verwenden, oder mit überflüssigen Materialien gelegentlich 
einem guten Bekannten auszuhelfen, dünkte ihm nicht mehr als billig; 
and obwohl die Weide im Stadtzwinger durch Ratsverlafs zur Unterhaltung 
des Findelhauses bestimmt war, hielt er sich doch für berechtigt, zu den 
Eingängen, die unter seinem Verschlufs standen, aus Gefälligkeit auch 
ab und zu einmal fremdes Vieh hineinzulassen. Die andern Beamten 
Jachten und handelten ähnlich. Dem Ungelter z. B. mufste der Rat aus- 
drücklich verbieten, den Ungeldpflichtigen auf eigene Faust mehr als ım 
yanzen hundert Gulden pro Jahr nachzulassen; der Richter sollte von den 
in natura eingehenden Gerichtsgefällen nur solche „essende Dinge“, die 
schnellem Verderben ausgesetzt seien, selbst verzehren dürfen; und keinem 
fiel es ein, sich daran zu stofsen, wenn der Zöllner die vier Teller, die 
jeder mit Töpfergeschirr beladene Wagen zur Einfuhr unter den Thoren 
geben mufste, samt den Zwiebeln und dem Kraut, das die zu Markte 
fahrenden Bauern ihm zollten, in seinen eigenen Küchenschrank wandern 
tiefs. Freilich durfte die Gelegenheit, sich und anderen auf Kosten der 
Stadt kleine Vorteile zu verschaffen, nicht „fährlich“ mifsbraucht werden, 
aber die Grenze, wo die gute Gewohnheit aufhörte und die in gewinn- 
süchtiger Absicht begangene Veruntreuung anfing, war in der Praxis wohl 
nicht immer leicht zu bestimmen. Mit den Einnahmeausfällen, die der 
Stadt durch die Ungewandtheit oder Nachlässigkeit ihrer Organe ent- 
standen, verhielt es sich ganz ähnlich. Wir hören, dafs selbst die Losunger 
bisweilen von den zur Rechnung deputierten Herren gescholten wurden, 
‚weil sie versäumt hatten, die Forderungsrechte der Stadt mit der gehörigen 
Sorgfalt und Energie wahrzunehmen. Ob alles, was der Stadt zukam, 
auch wirklich für sie eingehoben wurde, mufste unter diesen Umständen 
wohl häufig genug dahingestellt bleiben. Verhältnismäfsig leichter dürfte 
28 gewesen sein, die gesetzmäfsige Beschaffenheit der öffentlichen Aus- 
gaben nachzuprüfen, da bei diesen entweder der Empfänger oder der Ver- 
mittler, der Zweck oder der Anlafs der Zahlung oder auch der Name des 
jenigen, auf dessen Veranlassung hin sie geschah, vermerkt zu werden 
pflegte. In anderen Fällen gilt als genügende Beglaubigung der Hinweis
	        
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