Volltext: Mein Kriegs-Tagebuch vom 29. Juli bis 1. September 1870

hend, ob ih au da wäre. Hatlırlih nanute er dabei meine frühere Charge, 
\ofort nahm id) aber Gelegenheit, laut Verordnungsblatt dagegen zu pro: 
teftiren. 
„Ach, das ift [Hön, gratulire zum Avancement, gratulire“, jagte er er: 
jreut und foOlttelte mir die Hand. Da id) aber etwas entfernt ftand, übte 
diejfes Hand{Hütteln in Verbindung mit der beiderjeitigen Sreude, eine folche 
Breffion auf den Vordermann Im Bette des Hauptmanıs, daß derjefbe unter 
„Ah und Krach“ aus dem Bett geworfen wurde und mir feine Herzensge: 
danken gerade nicht in Öratulationen Ddarlegte, 
Bis zum erfolgenden Wbmarich war nicht mehr lange Zeit und ich blieb 
daher mach, nochmals meine Zeitungen einer geneigten Durchljicht unterziehend, 
die im Laufe des TagS durch das ganze Vataillon wanderten. 
Ein nicht GHerbeigerufener Yandregen träufelte auf uns hHernieder ; doch 
hatten wir unfere Strecke (Liqny-Culey) immer auf gut gebauter Straße 
zurüczulegen, was zumal bei fchlechtem Wetter bedeutend in die Wag- 
"haale fällt. 
Der Kegen Hüllte die Umgegend, die fonjt vielleicht ganz maleriich fein 
Fann, tu ein myfterisjes Dunkel; die Stadt Xigny Yt ecbhenfallS nicht übel, 
und wäre [hön zu nennen gemwefen, wenn wir nur darin geblieben wären, 
Einwohner waren uur wenige zu tjehen; doch mwmaren alle BVerkaufslokale 
geöffnet. 
Nachmittags gegen 3 Uhr Famıen wir, durchHnäßt bis auf die Haut, nach 
Culey, hatten aber in Bezug auf Cuartier das Pech, wieder einmal zu einem 
Höchft feindfefig geftimmten Sranzojen zu fommen, Dumpf brütend faß er in 
einer Küchenerte und fah mit ftiller Verachtung dem Treiben der eingedrunge: 
nen Cinquartierung zu. Auch gegen angebotene Bezahlung fühlte er id nicht 
bewogen, uns den Segen feiner Vorrathstammer zufonmmen zu laflen. Da 
Hr den folgenden Tag noch Vieh nöthig war, fo durchfuchten wir einige 
Ställe, un die geeignete Auswahl zu treffen und famen aud) in den des 
Hausherrn, der nun feinen einzigen behornten Areund [dhon verloren glaubte, 
den wir aber verjchmähten, da mwir believe Stücke janden, Doch Ichwebte er: 
iterer noch im Unflaren über des Areundes Voos, da er uns nicht verftand, 
und als ich einen Moment allein im Zimmer, war, Fam er HereingefHlichen 
mit etliden Ciern in der Hand, die er mir fogletd) einhHändigte, dabei fragend, 
ob mir ihn denn wirklich feinen Vocuf nehmen wollten. Zunächft ftelte id 
ihm fein anjtandamwidriges Benehmen gegen uns vor Augen und ließ im Ber: 
[auf des Barlivens mit einfließen, daß wir die Viacdht beläßen, darüber zu ver: 
Migen, ob erwähnter Wiederkäuer mit Tagesanbdruchh uns begleiten follte oder 
nicht. In 10 Minuten mar der Tifch gedeckt, der umgewandelte Yuartiergeber 
drachte einge[Hlagene Cier und Schinken in Hülle und Fülle, wodurch er unfer 
Urtheil über ihn mieder zu feinem S©unfjten wandte, 
Am YWbend, den wir in gefelliger Vereinigung zubracdhten, erfhöpften wir 
uns in Vermuthungen, wo denn eigentlidy der Gegner zu finden märe. Wir 
hatten jebt in 23 Marfjcdhtagen in Direkter Landftraßen-Cntfernung nahezu 
LO0 Stunden durchlaufen und der Gegner Hatte uns nidht im Seringften ge: 
jtört. Wo Eönnte er fich denn einmal itellen, wo ftect er eigentlidh, fragten 
wir uns. 
Gehe hin, mo Fein Gau mehr weht, 
Wo der Markitein der Schöpfung fteht, 
wäre eine ganz paljende Antwort gewejen, denn nad Anfidht meines Bebdien: 
ten mußten wir fhon bald um die ganze Erdkugel Herum agelaufen fein.
	        
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