Verurteilung des Romans.
51
meinte (am 16. Juli), daß „eine eigentliche richterliche Zuredestellung
des rätselhaften Unbekannten eher vom Ziele ab als zum Ziele
hinführen“ würde. Den 21. Juli schickte die Regierung dem mittel—
fränkischen Appellhof die „in vieler Beziehung interessanten Magistrats—
Akten“ und „einen Bericht des Stadtmagistrats Nürnberg (vom
—VV0
K. H.“. Und? Der Appellhof fand den 22. Juli 1828 „zu einer
strafrechtlichen Untersuchung oder Einschreitung — durchaus zur
Zeit noch keine gegründete Veranlassung“.) Es wird
konstatiert, daß „von allem dem, was der Vorstand des Magistrats
nach der öffentlichen Bekanntmachung aus unzähligen Privat-Unter—
haltungen über das Schicksal und das bisherige Leben des auf—
gegriffenen iungen Menschen erfahren hatte, sich in den Akten
selbst auch nicht die mindeste Spur findet. Ja es regte
sich sogar die Elementarkritik. „War z. B. Hauser, dessen Füße des
Gehens ganz ungewohnt waren, wirklich bei drei Tage lang auf dem
Wege, so mußten sich an den Fußsohlen desselben unverkennbare
Spuren davon vorfinden. Dagegen dürfte die gesunde Gesichtsfarbe,
welche in dem Signalement bemerkt wurde, wohl nicht für eine
14 jährige Einsperrung zeugen.“ Die Kreisregierung schrieb den
24. Juli an den Kgl. Kommissär der Stadt Nürnberg, daß „sich die
in der Bekanntmachung vom 7. Juli d. J. erzählten Umstände teils
ohne alle aktenmäßige Begründnung, teils in unverkenn⸗
baren Widersprüchen mit dem wenigen, was wirklich akten⸗
mäßzig geworden ist, (befinden) — und es könne daher die Bekannt—
machung vom 7. Inli so, wie sie gefaßt ist, um so weniger gebilligt
werden, als — die in der Erzählung selbst enthaltenen Widersprüche
und auffallenden Unwahrscheinlichkeiten den wohlwollenden
Absichten des Magistrats nachteilig werden, indem sie das Interesse
1) Dieses amtliche Urteil des Kriminalisten Anselm von Feuerbach, am
22. Juli 1828, auf Grund der uns nicht zugänglichen Akten von Nürnberg („von
der magistratischen Bekanntmachung vom 7. Juli, d. h. von dem aktenwidrigen
Kaspar-Binderschen Roman, abgesehen“) ausgesprochen, wolle der ernste Leser nie
wieder aus den Augen lassen! Denn fspäter ist irgend eine „gegründete Ver—
anlassung“ nie mehr aufgetaucht.