A. Allgemeiner Teil. I. Das Verbrechen.
schied, sieht man Konsulenten und Rat oft von wenig erquicklichen
Zweifeln befangen; die Sippe sucht, um den Armen zu retten, ihn
als möglichst wahnwitzig hinzustellen, während der Kläger sich
abmüht, den Gegenbeweis zu erbringen. Geltend gemachte Sinnes-
beraubung bei Verübung des Verbrechens wird vom Rat fast
niemals beachtet. So erwidert er hinsichtlich einer Kindsmörderin
„dafs eine Aufregung bei und nach der Tat nicht als eine mildere
Verrücktheit angesehen werden dürfe, und gemeiniglich geht selbst
zerrüttung nit so gehling daher, noch wider dahin, dafs aber der
böse Feind bei ihr gewirkt habe‘,®) Von Interesse ist bei diesem
Fall, dafs zu einer Zeit, wo die Kindestötung an Strafwürdigkeit
dem Parricidium gleichgestellt war, ein einfältiger Laie die bei
dem Geburtsakt obwaltende Erregung als Milderungsgrund be-
rücksichtigt wissen wollte.
Der „böse Feind‘ figuriert übrigens gar oft als Sündenbock
in den Entschuldigungen der Inquisiten; nicht selten tritt er auch
in den Fieberträumen der Gefangenen auf.’)
Sinnlose Selbstmörder werden kirchlich beerdigt, nicht aber
„verzweifelte Personen‘. Die Zurechnungslosigkeit wird stefs sorg-
fältiger Prüfung unterzogen.*) Wer Witzlose zum Zorn, ja selbst
zu Flüchen reizt, soll „nach Gestalt seines Verbrechens“ gestraft
werden. Aufserdem verurteilt man ihn zum Schadensersatz an den
Verletzten. Auch sonst erfahren Delikte an Vernunftlosen scharfe
Ahndung.®)
y. Manie.
Diese wird früher zumeist gar nicht beachtet; Kleptomanen
unter ihnen ein Geschlechter — werden ausnahmsweise zur
mildern, ehrlichen Schwertstrafe begnadigt.!) Aufserdem ist mancher
der für Lebenszeit eingekerkerten milsratenen Patrizier- und
Bürgersöhne aus diesem Anlafs unschädlich gemacht worden. Eine,
von der man Brandstiftung befürchtet, schafft man als gemein-
gefährlich aus der Stadt. Der Chronist Stark berichtet (1612)
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6) Rtschlb. XLI, 106.
7) AB 1604—11, 20; Hans Unfugs Urgicht,: „und etwouil bösen gaist
vmb Ine Swermend und humbsent gesehen“, 1494, S. 1, L. 3, N. 27.
8) s. Kirchenstrafen; s. a. S. II, L. 85, Nr. 4.
9) Mand. 1568; s. Sittlichkeitsdel.
1) Mfzb. 1517 u. 1561; M. Franz Tageb., 1615.