Full text: Pirckheimer-Studien Buch I und II

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spruch gestossen: die höchste kirchliche Autorität der Stadt, 
der Probst von St. Lorenz, Lorenz Tucher, sprach sich da- 
gegen aus und liess nach dem Geschäftsbrauch sein ab- 
weichendes Votum an dem Rande der neuen Ordnung aus- 
drücklich anmerken. 
Dieser Erfolg konnte den Nürnberger Humanisten nicht 
genügen; sie strebten nach der Gründung einer von der 
kirchlichen Aufsicht befreiten, nur dem Rate unterstehenden, 
ganz ihren Prinzipien hingegebenen Poetenschule. Ihre ersten 
Bemühungen scheiterten nun freilich: trotz der eifrigsten Be- 
arbeitung konnte man die Väter der Stadt nicht zu dem ge- 
wünschten Entschlusse bringen, obwohl man ihnen eine so 
ausgezeichnete und in Nürnberg wohlbekannte Kraft wie 
Konrad :Celtes in Aussicht stellte.*) Wir haben den 
humanistischen Kreis oben kennen gelernt, soweit er sich bis- 
her feststellen liess; zu wenig noch ist ja bekannt, wie tief 
die neuen Tendenzen in die verschiedenen Patrizierfamilien 
damals eingedrungen waren; zu sehr trat im Rate der Ein- 
zelne zurück, und fast scheint es, als hätten, seitdem Willi- 
balds Grossvater nicht mehr zu Rate ging, in der obersten 
Behörde der Stadt nur noch jene beiden Förderer des Meister- 
linschen Geschichtswerkes, Ruprecht Haller und Gabriel 
Nützel den Humanismus begünstigt, freilich beide in einfluss- 
reichster Stellung. Waren ja doch gerade die eifrigsten 
Freunde der neuen Bildung, die wir bis jetzt kennen, Privat- 
personen oder standen im dienenden Verhältnis zum Rate. 
Es waren, von den Geistlichen und Klosterleuten abgesehen, 
freie Litteraten, wie Leonhard Meyer und Peter Dannhauser, 
oder Aerzte, wie Hieronymus Müntzer, Hartmann Schedel, 
Dietrich Uelsen und Heinrich Geratewohl. Die Kanzlei- 
beamten, wie etwa Georg Alt und Georg Spengler, in deren 
Reihen sich die humanistische Tradition ja seit Jahrzehnten 
lebendig erhalten hatte, spielten nicht einmal in der Gesell- 
schaft eine Rolle, und selbst die Konsulenten Polraus, Löffel- 
holz und unser Johann Pirckheimer konnten nur indirekt 
wirken. Und dasselbe gilt von dem bedeutendsten der Ge- 
meinde, Sebald Schreyer. Er war zwar als Baumeister und 
Kirchenmeister von S.-Sebald in fortwährender enger Be- 
rührung mit dem Rat, doch darf man seinen Einfluss nicht 
überschätzen: war er doch nicht einmal patrizischen Ge- 
*) Brief Dannhausers an Celtes bei Klüpfel I. 132. 1. Sept. 1491.
	        
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