Objekt: Albrecht Dürer

auch in der vermehrten Freude an reicher innerer Ausstattung der 
Kirchen aus. Über dem Altar steigt ein stattlicher, vielteiliger Schrein 
in die Höhe, geziert mit Schilderungen aus dem Leben Christi und 
Mariä, im Inhalt und in der Auffassung den Szenen verwandt, welche 
die öffentlichen Schauspiele den Bürgern vorführten. Zierliche Taber- 
nakelhäuschen, reich geschnitztes Gestühl beleben den Chor; den 
Wänden treten zahlreiche Grabdenkmäler, lebenswahre Abbilder 
der Verstorbenen, vor; an einem Pfeiler des Mittelschiffes lehnt die 
Kanzel, gegen die frühere Zeit mächtig an Grösse und Prunk ge- 
wachsen. Sie ordnet sich schlecht der symmetrischen Kirchenanlage 
an, gewinnt immer mehr ein selbständiges, künstlerisches Dasein. 
Neben dem Altar fällt die Kanzel am stärksten in die Augen, die 
gesteigerte Bedeutung der Predigt im Gottesdienste versinnlichend. 
Mit der Freude an reicherer Einrichtung des Kircheninnern geht 
die Vorliebe für Anfügung kleinerer Nebenteile Hand in Hand. Der 
feste Zusammenhalt der bürgerlichen Gesellschaft durch den Zunft- 
und Familienverband spiegelt sich in der Stiftung zahlreicher Zunft- 
und Familienkapellen wieder. So schloss sich das kirchliche Ge- 
bäude dem bürgerlichen Leben enger an und gewann für weite 
Volkskreise einen traulichen, anheimelnden Charakter. 
Bemerkenswert sind die Änderungen im Grundrisse und kon- 
struktiven Aufbau. Die scharfe Trennung und starke Betonung des 
Chores verringern sich, durch den Wegfall des Kreuzschiffes treten 
Chor und Langhaus cinander näher. Die gleich hohen Schiffe (Hallen- 
form), die schlanken, weit abstehenden, unmittelbar in das Gewölbe 
übergehenden Pfeiler verleihen den Kirchen einen weiträumigen 
Charakter, führen dem Innern ein gleichmässiges, helles Licht zu. 
Die spätgotischen Kirchen machen vielfach einen nüchtern verstän- 
digen Eindruck, erscheinen mchr von einem bedächtig erwägenden 
Verstand als von einer hochfliegenden Phantasie angeregt. Die har- 
monische Durchbildung des Ganzen wird an ihnen oft schmerzlich 
vermisst. Während in der Konstruktion einzelner Teile, z. B. der 
Pfeiler, eine sparsame Einfachheit waltet, andere Teile, wie z. B. 
die Türme, plump und schwerfällig geformt sind, wird wieder an 
anderen, wie an Portalen, Giebeln, der Schmuck geradezu ver- 
schwendet. Das alte gotische System ist offenbar aus den Fugen 
geraten, aber zwischen den Fugen beginnen bereits Keime einer 
neuen Kunst zu spriessen. Ein fremdes Element dringt in den 
architektonischen Zierrat ein. Mannigfaches Baum- und Astwerk 
steigt an den Mauern empor, zu dem überlieferten geometrischen
	        
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