Sin Beifpiel für diefe leßtere Klafje bietet eine Arbeiterwitwe in Nürnberg.
Die eine ihrer beiden Töchter hilft ihr beim Zinnmalen, während die andere
in die Fabrik geht. Sie erhält wöchentlih 2 ME. Armenunterftüßung, das
Mädchen verdient in der Fabrik 6 Mi. Von diejen 8 ME. kommen 3 ME. 10 Vf.
für Die wöchentlide Bezahlung der Wohnungsmiete in Abzug. Da nun
brei ermachfene Berfonen fig in einer großen Stadt zufammen von dem
Betrage von 4 ME. 90 Pf. eine ganze Woche Hindurch nicht ernähren können
ohne einen bedeutenden Zufdhuß, fo muß hier der Verdienft aus dem Zinn:
malen den Hauptbejtandteil der Eriftenzmittel bilden.
In Fürth murde eine Arbeiterwitwe getroffen; diefe hat zwei Jungen
und bezieht außer dem Verdienjt aus dem Zinnmalen nur ein yaar Mark
möchentlidh für das Vermieten einiger Schlafftellen.
Wo der Verdienjt aus dem Zinnmalen den Hauptermerb bildet, find
die Verhältnifje am fOlimmften; hier wird die Arbeitszeit am Kängften
ausgedehnt, hier werden die Kinder im weitejten Umfang zur Arbeit heran-
zezogen, hier zeigen fi am meiften die nachteiligen Mirkunaen der Arbeit
auf die Gejundheit der Arbeiterinnen.
Für den größeren Teil der Frauen bildet, wie bereits gefagt, das Zinn:
malen nur einen Nebenermerb, eine Beifteuer zu den UnterhaltsFoften
der Familie; ob au nur eine NebenbefhHäftigung, ift eine andere
Srage, die Jpäter zu beantworten ift. Aber auch unter diefen find die Ver-
hältniffe verfhieden, je naddem der Verdienft des Mannes beffer oder [hlechter
zur Dedung der Lebensbedürfniffe der Familie ausreicht, je nachdem alfo
das Bedürfnis eines NebenermerbsS ein größeres oder geringeres ift. Fälle,
in denen fein dringendes Bedürfnis nach Nebenverdienft vorhanden ift, find
ehr felten. Daß Leute arbeiten, um den Verdienft als Erfparnis anzulegen,
daß „die Heimarbeit die Spardblichfe der Heinen Leute fei“, wie ein Fürther
Fabrikant fih ausdrüdte, davon Konnte bei den Zinnmalerinnen nichts
mahrgenommen werben; alle brauchten das Geld, um ihre Rinder und fich
zu nähren und zu Heiden.
Als Beifpiele gewöhnlicher Fälle, in welden der Verdienft aus der
Heimarbeit einen Zujhuß zu dem Haupteinfommen bildet, mögen die Folgen:
ben dienen:
1. Cine Frau in Nürnberg mit einem Jungen von 11 HKahren, ihr
Mann verdient als Bureaudiener möchentlih 17 ME.
2, Cine alte Witwe mit Heiner Penfion in Nürnberg; mit ihr zu-
jammen wohnen und arbeiten ihre beiden Töchter, ebenfalls fchon ältere
rauen.