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Stärke lag naturnotwendig in der Schwäche der gegnerischen
Elemente. Das hatte ihn der Gang der Ereignisse, die
Geschichte der großen 17 Jahre anschaulich gelehrt, die er
selbst schaudernd miterlebt und die ihn auf den höchsten
Punkt Europas gehoben hatten.
Was war ihm Deutschland gewesen, da er nach langem
Ringen sich an der Spitze der italienischen Armee sah und
nun in einem Siegeslaufe, wie ihn die Welt noch kaum
gesehen hatte, Italien den Osterreichern entriß und vom
Hafen von Ancona aus auf das Meer blickte, das dem
Sohne Korsikas wie die mütterliche Heimat dünkte und ihn
mit welterobernden Plänen berauschte. Dann freilich wandte
auch er den Blick nach Norden und er erkannte bald die
Stellen, wo er die französischen Grenzpfähle einschlagen
mußte. Und er fühlte, daß er aus dem schwachen Nach—
barn einen leistungsfähigen Untertanen machen mußte. Auch
hier war ihm der Weg gewiesen, wie einst durch Robes—
pierre nach Italien. Er brauchte bloß die alten Pläne wieder
aufzunehmen, die schon in den Tagen König Heinrichs IV.
und Ludwigs XIV. einen der Kernpunkte der französischen
Politik gebildet hatten, und welche die Revolution mit
intuitiver Gewalt und genialer Erkenntnis der politischen
Notwendigkeiten wieder aufgenommen hatte. Aber nicht
die revolutionäre Propaganda, sondern das Schwert der
Nation sollte sie zu Ende führen.
Die politischen Köpfe der Revolution hatten sich längst
für Deutschland ihre eigenen Marximen gebildet. Die poli⸗
tische Zersplitterung des Landes berechtigte sie ja auch, diesem
Volke den Charakter als Nation abzusprechen und es lediglich