Metadaten: Adam Krafft und die Künstler seiner Zeit

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und im Antlitz Christi dieselbe Leere. Und nun das Abendmahl! Darin 
nichts von dem, was Krafft hineinlegte. Christus mit seinen beiden 
Nachbarn, vielleicht noch der ihm Gegenübersitzende mit dem langen 
Barte und der hinausgehende Judas, sind in der eigentlichen Handlung 
begriffen; für die übrigen ist nur Speise und Trank, was sie beschäftigt. 
Auffällig ist in den Köpfen ein nachdrückliches Anatomisieren, das noch 
mehr in den nackten Teilen des Beines des polnisch gekleideten Soldaten 
hervortritt. Adam Krafft beobachtet mit treuer Sorgfalt die Natur, der er 
die feinsten Züge ablauscht; niemals aber drängen sich die Sehnen und 
Adern an Händen und Beinen auf. Er giebt dem Körper Weichheit. 
Der Stein nimmt das Aussehen des lebendigen Fleisches an, durch 
das die Adern durchschimmern. 
Die Gefangennahme hat in der Komposition große Ähnlichkeit mit 
der gleichen Darstellung im Rosenkranz des Veit Stoß, der, wenn Lübke 
Recht hat, in seine frühere Zeit fällt. Es ist nun zweierlei möglich. 
Entweder hat Veit Stoß das Steinrelief verfertigt und dabei seine 
rühere Komposition wiederholt, oder ein anderer, selber zu komponieren 
nicht fähig, könnte nach dem Rosenkranzrelief sein Modell gearbeitet 
haben. Nun kommt aber auf einem im Berliner Kupferstichkabinet be⸗ 
findlichen Kupferstich mit dem Monogramm des Veit Stoß, die Auf⸗ 
erweckung des Lazarus darstellend, eine dem polnischen Soldaten ähn— 
lich gekleidete Figur vor (Tafel V, 3). Ähnliche Fußbekleidung, ähn— 
licher Kopfputz, ähnliche Säbelscheide, nur hier ohne Verzierung, erkennt 
man wieder, selbst die brüchige Art der Gewänder der knieenden Frauen— 
gestalt im Vordergrunde. Auch sind die drei zusammenhängenden 
Reliefs mit den Figuren des Marienaltars in Krakau nahe ver⸗ 
wandt. Das Unruhige und Gewaltsame in der Komposition, die über— 
aus bauschigen Gewänder, die harte naturalistische Durchbildung der 
Kköpfe, alles dieses findet sich hier wieder und spricht für Veit Stoß. 
Nun kommt das Zeichen auf der Säbelscheide hinzu, das meines Dafür⸗ 
haltens sich von Anfang an darauf befand und so lange übersehen 
worden ist.) Aus diesen Gründen ist Veit Stoß Meister des Werkes, 
und Neudörffer mag dadurch zu seinem Irrtum geführt sein, daß 
Stoß vornehmlich in Holz, Adam Krafft in Stein arbeitete.“) Die Köpfe 
im Abendmahl sollen nach Neudörffer Portraits sein, und der Künstler 
) Dr. P. J. Rée: Veit Stoß. Bayr. Gewerbezeitung 1894 Nr. 165. 
) Da es zwischen den gleich großen Zahlen und phantastischen Buchstaben 
steht, kann es nicht später hinzugefügt worden sein. 
2) Auch in der Zeitangabe 1501 irrt er.
	        
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