Metadaten: Zur Abwehr

120 
A. L. Stiefel. 
yliedern bei fremdsprachlichen Versionen eine Notwendigkeit und ich bezeichne auch 
nie eine französische oder italienische, desgleichen nie eine lateinische oder griechische 
Version als direkte Vorlage des Hans Sachs. Da wir indes über die sprachlichen 
Kenntnisse des Hans Sachs so gut wie nichts wissen, und da ich meine persönliche 
Überzeugung, dass er griechisch, französisch und italienisch nicht verstand — bezüg- 
lich des Lateinischen schwanke ich selbst noch — nicht für einen Beweis ausgeben 
kann, so glaubte ich auch nach der anderen Seite hin mich vorsichtig äussern zu 
müssen. Man könnte mir ja mit Recht einwenden, dass Hans Sachs als der strebsame 
wissbegierige Sohn einer mächtigen Reichsstadt, die mit Italien, Frankreich und den 
französischen Niederlanden ausserordentlich rege Handelsbeziehungen unterhielt, sich 
leicht so viel französisches und italienisches Wissen angeeignet haben mochte, um einen 
Schwank in den betreffenden Sprachen zu verstehen. Wenn Seuffert trotzdem verlangt, 
dass ich mit fremdsprachlichen Vorlagen vorsichtiger sein müsste, so ist das eine leere 
Nörgelei. Mit der wunderbaren Logik, die wir oben bereits an ihm zu rühmen hatten, 
macht er sich gleich wieder über meine Vorsicht lustig, er sagt: „zwar weiss er, dass 
Hans Sachs ‚„‚gewiss‘* nicht die italienische Sprache verstand, trotzdem hält er die Annahme, 
Hans Sachs habe aus Arlotto geschöpft, nur für „wol‘“ ausgeschlossen‘‘. Der Nörgler sah 
nicht oder wollte nicht sehen, dass dieses „gewiss“ nur abschwächenden Zweck hatte 
und dass, wenn ich mich bestimmt hätte ausdrücken wollen, ich gesagt haben würde, 
„Hans Sachs verstand kein Italienisch“. Nicht begründeter ist, was er hinzufügt: 
St.) zitiert ... S. 55 ohne Scheu eine griechische Vurlage‘“. Ich sagte und belegte an 
der betreffenden Stelle nur, dass Hans Sachs die fraglichen Verse „nicht selbst er- 
dichtet haben kann, da ganz ähnliche in griechischen Texten zu lesen sind“. Nur ein 
übelgesinnter Tadler kann aus meinen Worten herauslesen, dass ich die griechischen 
Zitate als des Hans Sachsen Vorlage ansehe. 
Was die, „vielleicht“ und „wohl“ anbelangt, mit denen ich mir, nach des Rezen- 
senten Meinung, „zumeist helfen muss‘, so habe ich mir den Spass gemacht, sie zu 
zählen und gefunden, dass sie noch lange nicht an die Zahl der unrichtigen Angaben 
heranreichen, die Seuffert über meine Abhandlung macht. . 
Was unter dem Vorwurf „gefährliche kompilatorische Konstruktionen‘ zu verstehen 
sei, lässt sich schwer sagen; wahrscheinlich weiss es Seuffert selbst nicht. „Wo Be- 
griffe fehlen, da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.“ Ich vermute indes, dass 
mit dem herrlichen Ausdruck jene Fälle ausführlicher Darstellung gemeint sind, wo ich 
interessante Stoffgebiete durchstreife, um Anknüpfungen für Hans Sachs darin zu finden, 
wie z. B. S. 37—52 (Schlauraffenland), 71—78 (Höllenvisionen), S. 88—91 (Bauer und 
Pfarrer) S. 132—137 (Teufel und Schatz) u. s. w.? Warum aber diese Fälle Kon- 
struktionen, kompilatorische Konstruktionen und gar gefährliche kompilatorische Kon- 
‚ruktionen sein sollen, bleibt mir rätselhaft. Gefährlich höchstens insofern, als mein 
Rezensent dadurch in die Gefahr geriet. sich mit einer abgeschmackten Bemerkung 
jächerlich zu machen. . 
Wenn ich den vorstehenden Ausführungen noch hinzufüge, dass nur bei ca. 13 Ge- 
dichten unter den 192 die Quellenuntersuchungen zu keinem Aufschluss führten, aber 
selbst dann zum Teil nicht ganz ergebnislos blieben, so wird der gerecht und billig 
urteilende Leser, alles zusammengenommen, sicherlich zu einer anderen Ansicht über 
den Wert meiner Arbeit gelangen als Seuffert und dessen bisherige Ausserungen als 
ein Gewebe von plumpen Entstellungen und Unwahrheiten bezeichnen. 
Nicht anders verhält es sich mit‘ seinen weiteren Auslassungen. So sagt er noch: 
„Auch mit der Chronologie nimmt es Stiefel nicht ängstlich genau. Auf die 1531 ge- 
schriebene Fabel vom Wolf mit dem Lamm soll Luther gewirkt haben (S. 54), obwohl 
nach Thiele, wie Stiefel (S. 37) selbst bemerkte, der erste Druck der Lutherschen Fabeln 
erst 1557 geschah.‘‘ Es ist richtig, dass ich S. 37 Thieles Datierung der Vollständigkeit 
halber anführe, allein ich adoptiere sie nicht, Seuffert verschweigt aber, dass ich mich 
dort auf Goedeke (Grundriss II?, 156) berufe, der einen Druck von 1530 erwähnt. 
Da ein zweiter Fall, wo meine chronologischen Angaben sich widersprechen sollen, 
in meiner ganzen Arbeit nicht vorkommt, so ist es eine Ungerechtigkeit — selbst, 
wenn ich bezüglich der Lutherschen Fabeln unrecht hätte —, den Vorwurf in so all- 
gemeiner Form auszudrücken. 
Seuffert sagt ferner: „Gelegentlich zweifelt Stiefel Hans-Sachsische Datierungen an, 
die ihm nicht passen, oder er verlegte einen undatierten Druck eines Stoffes vor die ge- 
wöhnlich angenommene Zeit oder er nimmt ältere Ausgaben an, von denen man gar nichts
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.