Volltext: Evangeliar – Nürnberg, STN, Cent. IV, 4

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Kaspar, ungarischer Magnat. 
forderte Feuerbach ihn auf zu erproben, ob diese Worte nicht An— 
klänge bei Kaspar erregten, und zweitens, Feuerbachs Freund Hitzig 
in Berlin zur Mitwirkung zu einer Subfkription zu bestimmen, uni 
1) den Magistrat von Nürnberg der immer lästiger werdenden Sorge 
für Hauser zu entheben und letztereu als einen Sohn Europas 
zu adoptieren, 2) die Untersuchungskosten zu decken. 
In der Woche aber, ehe v. Pirch nach Nürnberg kam — so hat 
d. Tucher vor Gericht ausgesagt — träumte Kaspar, er sehe einen 
Mann, der ihm eine Schrift von lateinischen Worten vorhalte. Diese 
Worte schrieb er sich auf und zeigte sie am Tage seinem Lehrer, dem 
Kandidaten der Theologie Bäumler, welcher nach einigem Nachsuchen 
einen Vers aus Virgil darin erkannte.) Ebenso träumte ihm 
ein andermal, er lese lateinische Worte, welche er verstümmelt nieder— 
schrieb, die aber einen Sinn erraten ließen, der auf sein früheres Schick— 
sal hindeutete. Bäumler erzählte er die Sache so: ein Mann, der 
ihm schon früher im Traume einen Säbel und einen Degen gebracht, 
habe ihm ein mit den großen lateinischen Buchstaben beschriebenes 
Blatt vor die Augen gehalten. (Die Traumdeutung [S. 220) er— 
folgte aber erst am Montag den 29. März.) Endlich träumte 
ihm auch zum drittenmale, daß er lateinische Worte lese; bei Nach— 
suchung waren es zwei Zeilen aus der bekannten Horazischen Ode 
Diffugere nives etc. Zugleich sah er den Inhalt dieser Worte als 
ein Bild im Traum. Da Kaspar diese Worte (was im Hause des 
augenleidenden Schulmeisters Daumer gewiß sehr leicht war!) „nicht 
dielleicht irgendwo gelesen haben konnte (der gläubige Bäumler hat 
nämlich Kaspars Bücher durchgesucht), so geben dieses als auch 
die heiligsten Versicherungen Hausers die bestimmte Gewißheit, daß 
diese Verse und Worte Traumgesichte sind.“) 
1) Daumer erzählt (1873, S. 236) Bäumler nach, daß Kaspar den ihm sonst 
unbekannt (2) gewesenen Namen Virgilius im Traume 25 mal dekliniert und 
tags darauf seinen Lehrer gefragt habe, was das für ein Wort sei, er könne es 
nicht finden; worauf ihm derselbe gesagt, es sei der Name eines berühmten Dichters. 
2) Nach demselben Tucher (Originalbrief vom 30. April 1871) war diese 
Horazgeschichte vielleiht „der Anfang der später () eingetretenen Periode 
der Lügenhaftigkeit!“ Bei Hickel liest man (S. 154), daß Kaspar „später selbst 
gestand, daß er (die lateinischen Verse) aus einem Buch bei Daumer gemerkt habe.“
	        
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