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In Amerika (dem angeblichen Emporium der Freiheit) hat man in
einem der Vereinigten Staaten sogar folgende, m. E. der absolutesten
Willkür Tür und Tor öffnende Vorschrift, die sich allerdings nur auf
Düngemittel bezieht, von gewissen Stellen aber als eine solche bezeichnet
worden ist, die auch für den Vertrieb von Futtermitteln anwendbar sei.
Gesetzliche Bestimmungen betreffend die Kontrolle und den Verkauf von
Düngemitteln und die Materialien zur Bereitnng derselben.
Der „Commissioner of Agrikulture“ ist mit der speziellen Kontrolle, der
Düngemittel beauftragt. Alle zum Verkauf im Staate bestimmten Düngemittel müssen
ihm zuerst zur Analyse vorgelegt werden. Erklärt er irgend eine Marke für praktisch
wertlos, so wird der Verkauf derselben verboten. Zuwiderhandlungen gegen diese Be—
stimmungen und die von dem Commissioner hierüber erlassenen Detailbestimmungen
werden nach 8 4310 des revidierten Code von Georgia bestraft, die Hälfte der Strafe
fällt an den Angeber, die Hälfte an den öffentlichen Schulfonds des Staates. Ver—
nachlässiigt der Commissioner seine Pflicht, diese Zuwiderhandlungen zu verfolgen, so
verfällt er in dieselben Strafen, welche ebenfalls zur Hälfte an den Angeber und zur
Hälfte an den Schulfonds fließen.
Eine solche geradezu schikanöse Vorschrift erträgt wohl das soge—
nannte „freie“ Amerika, aber nicht der angeblich polizeilich bevormundete
Rechtsstäat Deutschland. Es ist nicht daran zu denken, daß eine solche
Vorschrift, die eine einzelne Person allmächtig macht, bei uns auch nur
ernstlich in Erwägung käme, geschweige Gesetz würde. Man kann ein solches
Gefetz überhaupt nur im Lichte der angelsächsischen Rechtsentwicklung ver—
stehen, die häufig dem Einzelrichter dieselben Befugnisse zuweist, die
in Deutschland von drei Instanzen mit vielen Richtern ausgeübt werden.
Es dünkt mich für unsere Verhältnisse eine unerfüllbare Aufgabe
für den Bundesrat, seinerseits Vorschriften zu erlassen, unter welchen Be—
zeichnungen die zahlreichen verschiedenen Futtermittel gehandelt werden
dürfen, und wenn er dieser Aufgabe schon gewachsen wäre, so würden
diese Vorschriften, die sicherlich sehr verwickelt ausfallen würden, nicht
ohne weiteres überall anwendbar sein. Sie würden so schwierig zu er—
fuͤllen sein, daß ihnen in kleinen Verhältnissen nicht immer Rechnung ge—
tragen werden könnte. Außerdem würde eine solche Befugnis des Bundes—
rates wohl nicht dem steten Wechsel der Technik und ihren Fortschritten
folgen können; es bestände die große Gefahr, daß wirklich technische Fort—
schritte durch veraltete Gesetzesvorschriften behindert, wenn nicht gar unter—
drückt würden.
Bei solchen Erwägungen muß nun selbstverständlich die Frage auf—
tauchen, ob es denn uͤberhaupt angemessen ist, in dieser Angelegenheit
das Heil von einem Strafgesetze zu erwarten; ob es nicht zweckmäßiger
wäre, die zivilrechtlichen Vorschriften sachgemäß anzuwenden und nach
Bedarf auszubauen. Hierzu ist im großen ganzen zu sagen, daß auch
heute schon der betrogene Käufer zivilrechtlichen Schutzes nicht zu ent—
behren braucht, und es wäre wohl erreichbar, diesen zivilrechtlichen Schutz
noch schlüssiger und wirksamer zu machen, wenn man für den Futter—
mittelhandel bestimmte Kontrakte (ähnlich wie für den internationalen Ge—
treidehandel) einführte und den einzelnen Abschlüssen bestimmte Typen zu