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„Denke nicht schlecht von mir,“ bat sie, ihn offen anschauend,
„weil ich im Übermaß der Liebesseligkeit Deinen Liebkosungen
nicht wehrte, allein die Eltern wollen nur ihres Kindes Gluck
und werden, ich fühle es, mich Dir nicht weigern. Jetzt aber
laß mich gehen, ihnen frei meine Liebe zu gestehen.“
„Und ich eile, das Reisegewand mit dem des Freiers zu
vertauschen. Noch an diesem Nachmittag bitte ich Deine Eltern,
mich als Sohn anzunehmen. Der erste aber, der mein Glück
erfahren soll, ist mein gnädiger Herr, der Herr Pfalzgraf.“
Noch einen Kuß tauschten die Liebenden, dann schieden sie.
Als Helena ins Haus trat, kam Eva zufällig ihr entgegen.
Innig umarmte die Glückstrahlende die treue Freundin. „O,
Eva, wie soll ich Dir danken?“
Lachend und jubelnd preßte diese sie an sich. „Und hast Du
mir meine Hinterlist verziehen?“
Ein Kuß war die Antwort.
Nach wenigen Minuten stand Helena dann vor ihren Eltern
und bekannte freimütig ihre Liebe und was sich in der letzten
Stunde zugetragen hatte. Segnend vereinigten diese ihre Haͤnde
auf dem Haupt des vor ihnen knieenden, teuren Kindes.
Frau von Königsmark spazierte während der Zeit mit
Eleonore Felicitas, Eva und dem Kornett draußen im Garten.
Sie hatte Helena vom Turm herkommen sehen und in der
Annahme, die Tochter habe den Eltern wohl etwas allein anzu—
vertrauen, begab sie sich zu den jungen Leuten.
Still ging Helena sodann in ihr Zimmer, in dem sie in
letzter Zeit so manchen Kampf gekämpft haätte. Dort sank sie auf
die Knie nieder, dankte Gott für seine Güte und flehte ihn an,
daß er ihr helfe, den Geliebten glücklich zu machen.
NRünfzehntes Rapitel.
Am Nachmittag dieses für die Familie Praunfalk ereignis—
reichen Tages rollte eine Staatskarosse vor das Thor des Besitz⸗
tums des steirischen Edelmannes. Der Herr Pfalzgraf entstieg
derselben, gefolgt von seinem Hofmarschall, beide in gar prächtige
Gewänder gekleidet.
F Eilfertig stürzte der alte Hans samt den andern Dienern
erbei.