Volltext: Die Gewerbefreiheit in Gefahr!

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Schlußbetrachtungen. 
Um richtige Ansichten über vorliegenden Gegenstand zu erhalten, 
muß man beachten, daß die Gemeinde-Verwaltung kein anderes Geld 
hat, als durch Geschenke (Stiftungen) oder Abgaben (Steuer) erhaltenes. 
Es baut daher nicht die Gemeindeverwaltung (der Magistrat) ein 
Trottoir, einen Brunnen, ein Schulhaus, eine Straße ꝛc. auf eigene 
Kosten, mit eigenen Mitteln, sondern auf Kosten der Steuerzahlenden 
Einwohner. Hieraus folgt, daß wenn sie einen Theil der Gemeinde 
vorzugsweise mit derartigen Bauten begünstigt, andere mit Recht das— 
selbe verlangen können, jedoch nur, wenn 1) das gleiche Bedürfniß 
vorhanden ist und 2) sie einen, den Kosten des Baues angemessenen 
Beitrag an Steuern in den Stadtsäckel abgeben. In letzter Hinsicht 
haben die Bewohner von Alt- und Neu-Gostenhof, oder vielmehr die 
Zeitungsschreiber, welche das fortwährende Verlangen nach Straßen 
und Kanälen stellten, gefehlt. 
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Sie hätten sich selbst helfen sollen durch Anlegung von Sand— 
oder Erdstraßen und Abzugsgräben für das Wasser und höchstens 
einen Beitrag vom Magistrat verlangen können, der ihnen gewährt 
worden wäre. Die Uebertragung der Kosten auf die übrigen Bürger 
der Stadt wäre erst gerechtfertigt, wenn die jetzt sehr entlegenen und 
zerstreuten Häuser auf eine größere Zahl angewachsen und ihre Beiträge 
zur Stadtkasse den zu bringenden Opfern entsprechen. Das Gleiche 
gilt für alle in so weiter Ferne von der Stadt gebauten Häuser. 
Wenn die Begünstigung Einzelner auf Kosten der Gesammtheit 
nicht gerechtfertigt ist, so ist es doch ebenso wenig die Belästigung 
Einzelner zum Besten der Gesammtheit. Eine solche findet aber statt 
bei erzwungener Abtretung von Boden, bei erzwungenem Bau von 
Straßen, Kanälen, Trottoirs ꝛc. ꝛc. Man kann den wohlhabenden 
und reichen Bewohnern der Stadt bei allgemeinen nützlichen Dingen, 
z. B. bei Trottoirs, Brunnen, Schulhäusern etwas zumuthen und 
wird es durch freiwillige Beiträge auch erhalten. Ohnedem findet 
häufig, z. B. beim Bau von Trottoirs einigermaßen geistiger (sittlicher) 
Zwang statt, wenn alle Bewohner einer Straße bis auf Einen Trottoire 
gebaut haben, so kommt dieser in Gefahr, daß jeder Vorübergehende 
unangenehm von dieser Unterlassungssünde berührt wird und auf 
den Gedanken kommt: in diesem Hause muß ein sehr armer oder eigen⸗ 
finniger Mann wohnen. Nun gestattet aber die allen Menschen von 
jeher anklebende Eitelkeit nicht, daß Jemand als arm erscheinen will. 
Im Gegentheil ist er bemüht, vornehmer und reicher zu gelten, als er 
ist. Der erwähnte Fall wird daher selten eintreten, ein eigensinniger
	        
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