Ins niederland.
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Leibgedinges — von der andern Verpflichtung wollte Kaiser Karl
nichts hören.
Froh, wenigstens die Hauptsache erlangt zu haben, kehrte
er von Köln wieder um, um nochmals nach Niederland zu fah—
ren, wo er den Winter zu verbringen gedachte.
Am 22. November war er wieder in Antwerpen bei sei—
nem alten Hauswirt und in den Armen seines Weibes, deren
Wiedersehensfreude etwas getrübt war durch ein Mißgeschick, wel—
ches ihr jüngst begegnet war, indem ihr in der Liebfrauenkirche
am St. Martinstag eine Diebeshand den Beutel, darin sie zwei
Gulden und etliche Schlüssel trug, abgeschnitten und ent—
führt hatte.
Den Verdruß über diesen Verlust, den Dürer mit seinem
Weibe empfand, vergaß er jedoch bald über der Nachricht, daß
das Meer in Middelburg einen ungeheuren Walfisch ans Land
gespieen habe. Und dieses Naturwunder zu schauen, achtete
er weder des harten Winters noch des weiten Wegs. Am
7. Dezember setzte er sich mit mehreren Genossen zu Pferde und
kehrte erst am 14. zurück.
Mit heller Freude empfing ihn Frau Agnes — sie hatte
um des bösen Winterwetters willen Sorge um ihn gehabt.
„Ja, du magst fröhlich sein“, sprach er an ihrem Halse,
„denn du hast deinen Mann wieder, ich aber kehre mit beschwer⸗
tem Mut zurück, denn das Wunder habe ich nicht zu sehen be—
kommen, maßen das Meer sich dasselbe allbereits wieder geholt
hatte, und überdem hätte ich bei einem Haar mein Leben dran
gegeben.“
Und nun erzählte er der erschrockenen Frau, wie sein Schiff
durch Zusammenstoß mit einem andern beschädigt und durch
einen Sturmwind ankerlos in die wilde See hinausgetrieben
worden sei, also daß die Schiffsmannschaft schon alles aufge—
Stein. Albrecht Dürer. 241