Objekt: Albrecht Dürer

Der Prediger in der MWüste. 
* 
fens. Hieronymus Savonarola, der zur Zeit in Florenz mit 
Donnerstimme gegen die verwilderte Kirche und das entartete 
Jahrhundert predigt, wie lange wird man seine Stimme noch 
hören, nachdem er den dargebotenen Kardinalshut, der ihm den 
Mund schließen sollte, ausgeschlagen? Ohnmächtig rütteln die 
edelsten Geister an den Ketten, und das Verderben mehret sich 
von Jahr zu Jahr, daß es den Anschein gewinnt, als sollte das 
Ende des Jahrhunderts auch das Ende der Welt werden.“ 
„Worauf wollet Ihr mit diesem allen, das auch mir das 
Herz beschwert, hinaus?“ fiel Pirkheimer ein. 
„Geduld, Freund“, fuhr Dürer fort, „Ihr sollt es also— 
bald vernehmen. Die Federn der Gelehrten und der Dichter 
sind stumpf geworden unter des Papstes Dräuen; sie dürfen es 
aicht mehr wagen, das Volk zu lehren.“ 
Pirkheimers Gesicht verfinsterte sich, und sein Fuß stampfte 
wild den Boden. „Ja, dem Himmel sei's geklagt, wie der Mann 
in Rom die Geister dämpfet!“ 
„In solcher Not nun“, sprach Dürer weiter, „ist in mir 
ein Gedanke lebendig geworden, der mich seitdem verfolget und 
mir keine Ruhe läßt. Wenn die Feder nicht mehr reden darf, 
soll's nicht der Pinsel thun? Wo Wort und Schrift nicht 
mehr von der Wahrheit zeugen darf, soll da das Bild nicht 
sprechen? Zwar führt dasselbe nicht so klare Rede wie das 
Wort, indes was thut's? Ich achte, seine Predigt wird auch 
den Weg zu den Herzen finden. Und in mir sprach's: Thue 
deinen Mund auf und predige! — — Aber wie denn? Mit 
dem Pinsel? Ach, sagte ich mir, es sind ja nur wenige, die 
es mit Augen sehen, was du mit dem Pinsel gemalt. Und ich 
möchte doch dem ganzen Volke predigen. Siehe, da sprach 
es wiederum in mir: Thue den Pinsel beiseite und ergreife 
Messer und Stichel. Was du gleichfalls bei dem Meister Wol—
	        
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