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Glas, er stand verstummt und blickte durch die— ge⸗
öffneten Fenster auf die Häuser gegenüber, die
schmale Straße entlang, die er jahrelang täglich zum
Rathaus gegangen.
Da umschlangen ihn zwei Arme und er hörte
die leisen Worte: „Du Herrlicher Du!“ Und er
schaute in seiner Anne Augen.
Das brachte ihn zu sich, zu den Seinen zurück.
Er küßte Anne; die anderen Kinder traten hinzu.
Alles war aufgestanden und man setzte sich nicht wieder.
Am Abend fand Rottmann keinen Schlaf und
keine Ruhe. Er ging mit Anne unermüdlich in
seinem Garten auf und ab. Von der Pegnitzwiese
stiegen feuchte Nebel auf, es wurde empfindlich kühl.
Rottmann fühlte es nicht; es wurde ihm schon bei
dem Gedanken, das Zimmer zubetreten, eng und angst.
Er sprach eifrig und viel von all den Arbeiten,
die er nun erledigen wollte. Die Zeit der praktischen
Betätigung seiner Ideen sollte nun beendet sein;
still und emsig wollte er nur noch in Schriften
weiterbauen und anregen, wollte er den neuen
Arbeitern als erfahrener Ratgeber zur Seite stehen.
Es war schon tief in der Nacht, als Anne
schließlich doch müde wurde und den Vater ver—
anlaßte, das Haus aufzusuchen. Aber Rottmann
riß in seiner Stube die Fensterflügel weit auf.
Es fehlte ihm an Luft im engen Zimmer. Eine
unüberwindliche Scheu hielt ihn ab, ins Bett zu
gehen. Er rückte einen alten tiefen Sessel ans
offene Fenster und setzte sich hinein.
Und eine köstliche Ruhe kam über ihn; die
kühle Nachtluft erleichterte ihm das Atmen; eine
müde Schwere fühlte Rottmann in Händen und
Füßen. Es war ihm eigentümlich zumute, so zu