Volltext: Die neue Zeit

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Sie nahm Abschied von ihrer eigenen Stube, 
in der sie die wonnigsten Träume von Liebe und 
Glück geträumt, um uun für immer das Zimmer 
zu beziehen, in dem sie die schwersten Kämpfe ihres 
Lebens durchgekämpft. 
Wo waren sie, die Freud und Leid in ihr 
Leben gebracht? Ihr verschwunden, verschollen. 
Wo waren die Spielgefährten? Konrad tot, Christoph 
und Antonie fern der Heimat. 
Nur Joseph, der würde hier weiterbauen und 
leben und neben ihm Karoline, der all die Räume 
fremd, leblos waren, zu der kein Erinnern sprach, 
kein frohes, kein trübes Gedenken an die Ver— 
gangenheit. Für die kein Zimmer die trauteste Be⸗ 
stimmung hatte von alters her, der kein Tisch, kein 
Schrank, kein Stuhl lieb oder leid war, unzertrenn— 
lich von Person und Zweck. 
Ein Geschlecht würde hier aufwachsen, frei von 
der ganzen Gefühlswelt der Vergangenheit, fern von 
all den Jugendhoffnungen und Schmerzen der 
einstigen Kinder des Hauses. Und sie selbst würde 
unbeteiligt daneben stehen, so fern stehen, ent⸗ 
wurzelt aus ihrem eigentlichsten Heimatboden. 
In der Ecke, in der die kleine Anne Rottmann 
einst in mütterlicher Zärtlichkeit ihre Docken gehegt 
und gepflegt, in der Ecke saß nun die schmer-— 
geprüfte Anne Rottmann und weinte bittere Ab— 
schiedsstränen um ihre Kindheit und Jugend. 
Dann raffte sie fsich auf, trocknete sich die Tränen 
und stieg noch eine Treppe höher zu Mademoiselle. 
Dies Zimmer war das einzige unveränderte. Anne 
seufzte auf. 
Mademoiselle Luise, die einst Vertriebene, 
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