Full text: Die neue Zeit

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Äpfelbäume voll Früchte, selbst der Weinstock, den 
Joseph' noch vor seiner Pariser Reise hinten am Haus 
gepflanzt hatte, trug üppige Trauben, die sogar dieses 
Jahr reif zu werden versprachen. 
Frau Antonie Rottmann war plötzlich eines 
Nachmittags in ihrer bequemen Chaise angefahren. 
Sie erklärte, bis zum Abend bleiben zu wollen, 
auf Christoph zu warten, der sie hier abholen wollte. 
Als die drei Frauen unter der Linde saßen, 
von der langsam und leise einzelne Blätter nieder— 
sanken, fiel es nicht nur Josephine auf, daß An— 
tonie gar nicht so gesprächig und vergnügt war wie 
sonst. Auch Anne entdeckte einen gespannten Zug, 
der Antonie wenig kleidete. 
Oft zog die junge Frau ungeduldig die kleine 
feine Schweizeruhr aus dem Gürtel, die Christoph 
ihr als Morgengabe geschenkt hatte, und das gab 
dem Wesen Antonies einen Zug von Unruhe, der 
ihr sonst völlig fremd war. Von dem und dem 
begann sie zu sprechen, ließ aber immer wieder 
interesselos das Thema fallen. 
Erst als Josephine ein feines Körbchen brachte 
und der werdenden Mutter, zierlich zusammen— 
gebunden, ein paar spinnwebenfeine Häubchen wies, 
leuchtete Antonies Gesicht hellauf. Im nächsten 
Augenblick aber stürzten ihr heiße Tränen aus den 
Augen und sie weinte fassungslos wie ein Kind. 
Anne wurde etwas ungeduldig über der Schwä— 
gerin törichtes Gehaben. Josephine aber führte 
Antonies Ungleichmäßigkeit auf deren Zustand zu— 
rück und brachte die Wetnende mit mildem Zwang 
in das Schlafzimmer, bettete sie, zärtlich zuredend, 
auf die Causeuse, brachte ihr kühlendes Orangen— 
blütenwasser und verdunkelte die Fenster.
	        
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