Full text: Die neue Zeit

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Rottmann gab keinen Sinkenden auf. Ihm schien 
keiner so schwer gefallen, daß er nicht wieder auf— 
zustehen vermöchte, keiner so krank, daß er nicht 
wieder gesunden konnte. 
Aber wo war die Möglichkeit, diesem Armen 
zu helfen? Wo war die Medizin, die diesen 
Kranken gesunden ließ? 
Als er endlich ins Wohnzimmer trat, brannte 
die Lampe schon. Hünnebach und Pfarrer Bock 
saßen im heftigsten Streit über die Verpachtung 
der Kirchenstühle zugunsten der Kirchenvermögen, 
die Rottmann im Magistrat beantragt hatte. 
Josephine fragte nach dem Fremden, den sie 
aus dem Haus hatte gehen sehen, sie hatte in der 
Kinder Gegenwart nicht fragen wollen. 
„Der hat wohl wieder etwas von Dir gewollt?“ 
„Ja, Josephine, und mehr als ich ihm geben 
konnte. Ein verfehltes, verpfuschtes Leben wollte 
er wieder haben.“ 
Was gabst Du ihm denn, er bedankte sfich 
doch —2 
„Einen Ausweis für das Spital, Josephine. 
Ich will sehen, daß ich für ihn eine Arbeit finde, 
in der er wieder gesundet.“ 
Sebastian blieb den ganzen Abend still und in 
sich gekehrt. 
Am nächsten Morgen fand Rottmann den 
jungen Mann weich und niedergedrückt, aber nicht 
mehr so hoffnungslos. Rottmanns Glaube an ihn, 
trotzdem er selbst völlig vexzweifelt gewesen, hatte 
ihn aufgerüttelt. 
Er bat nur um Geld, Deutschland verlassen zu 
können, er glaubte, fern von der Heimat ein anderer 
Mensch werden zu können.
	        
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