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Annele streichelte ihren Arm und bat: „So
sperr doch auf, wir danken auch schön.“
Rösle schüttelte die Hand von sich und wies
auf Konrad. „Der da soll bitten.“
„Dummheit!“ rief Konrad und machte einen
Schritt auf Rösle zu.
Sie hob den Arm mit dem Schlüsselbund.
„Kommt einer her, dann werf ich die Schlüssel zur
Jungfrau — ich hol' fie aber nicht wieder, dann
könnt Ihr ja sehen.“
„Aber Rösle! Konrad, so bitt doch,“ rief
weinerlich Antonie.
„Du falsches Ding, Du! Also — bittel“
schrie der Junge sie zornrot an.
Lustig klirrte Rösle mit dem Schlüsselbund und
lachte gellend. Dann schloß sie das Tor auf, und
die Kinder eilten in den warmen, sonnigen Tag.
Sie atmeten erleichtert auf voll Wonne und Freude,
dem dumpfen, unheimlichen Turm entkommen
zu sein.
„Es war doch fein!“ meinte Konrad, während
die Kinder das Burgtor durchliefen.
Keiner aber antwortete ihm. Im Sonnenlicht
kam es ihnen doch allen zum Bewußtsein, daß sie
etwas getan, das die Eltern niemals gutheißen
würden, und sie fürchteten alle fünf die Folgen
ihres eigenmächtigen Handelns.
Es sollte jedoch den Kindern nicht schwer ge—
macht werden, ihren unerlaubten Besuch auf der
Burg zu verheimlichen. Sie fanden im Haus große
Aufregung. Die Großmutter war plötzlich kränker
geworden. Der Doktor war mit der Mutter oben
bei der Kranken, und Resi schickte die Kinder sofort