Volltext: Anselm von Feuerbach, der Jurist, als Philosoph

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„Philosophie1) des positiven Rechts besteht in der Prüfung 
der Rechtmässigkeit und Zweckmässigkeit der in einem be- 
stimmten Staate vorhandenen positiven Gesetze. Sie setzt das 
Naturrecht und die Politik voraus und ist .eine angewandte 
Wissenschaft von beiden.“ Das Naturrecht ist?) „die Wissen- 
schaft der durch Vernunft gegebenen und durch Vernunft er- 
kannten Rechte des Menschen“ oder3) „die Wissenschaft der 
aicht durch den Staat vorhandenen Rechte“. „Sie ist eine 
Vernunftwissenschaft, die ihre Sätze nicht aus der Erfahrung 
sondern aus reinen Grundsätzen a priori ableitet.“ 
„Dieser Begriff*) des N aturrechts rechtfertigt seine Wahr- 
heit und Bestimmtheit schon dadurch, dass durch ihn, wenn 
er gehörig in seinen Merkmalen bestimmt und entwickelt 
worden, eine strenge Unterscheidung dieser Wissenschaft von 
allen anderen verwandten Wissenschaften möglich ist.‘ Durch 
ihn wird die philosophische Rechtslehre von der Moral, dem 
vositiven Rechte, der Politik und der Philosophie des positiven 
Rechts genau unterschieden. Z. B. Moral ist eine philoso- 
phische Wissenschaft, mithin eine solche aus Begriffen. Ebenso 
das Naturrecht. Aber Moral ist die Wissenschaft der natür- 
ichen Pflichten und des vom Sittengesetz (negativ) bestimmten 
Erlaubtseins. — Hier tritt Feuerbach Hufeland und anderen 
Rechtsphilosophen entgegen. Diese glaubten, der Unterschied 
zwischen jenen Wissenschaften bestehe darin, dass die Moral 
Pflichten, das Naturrecht aber Rechte (also das Erlaubte) lehre. 
Dem setzt Feuerbach entgegen den Kantischen Grund- 
satz der Moral, aus dem hervorgehe, dass die Moral®) neben 
Pflichten auch das relative Erlaubtsein bestimme, das eben 
durch jene’ und mit ihnen gegeben ist. Du sollst, sagt sie, 
und eben dadurch auch: Du darfst. 
„Der Grundsatz®) der Moral ist daher entweder kein. adä- 
Juates Prinzip ... oder aber das Naturrecht. muss etwas an- 
deres, als ein blosses Erlaubtsein zu seinem; Gegenstande haben.“ 
„Das Naturrecht darf weder Pflichten noch auch das Erlaubt- 
sein zum Gegenstande haben, das Recht muss von dem durch 
das Sittengesetz bestimmten Erlaubtsein, das rechtlich Mög- 
liche von dem moralisch Möglichen verschieden sein, oder wir 
müssen aufhören, Systeme des Naturrechts zu erlauben.“ 
‘) Kritik des nat. Rechts (1796) S. 43. % S,31. *) S. 42, *) 30, 34/35. 
;) S. 38. 6) S, 38.
	        
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