Volltext: Anselm von Feuerbach, der Jurist, als Philosoph

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Pflicht. Denn diese Freiheit ist die formale Bedingung aller 
besonderen Rechte des Menschen und ıhre Ausübung .'. . 
die Bedingung zur Moralität und zur möglichen Erreichung 
des höchsten Zwecks. Denn dieser fordert die Freiheit des 
Menschen sowohl zur Erfüllung unserer Pflichten als auch 
zum Gebrauch aller der Mittel, durch welche wir unsre 
Bestimmung erreichen können. Ueberdies ist die Verletzung 
der Freiheit eine Entwürdigung unserer vernünftigen Natur, 
weil wir dadurch in die Reihe der blossen Mittel und Sachen 
geworfen werden und der Charakter eines vernünftigen Wesens, 
Selbstzweck zu sein, also unsere Menschenwürde, beleidigt wird.” 
Aber!) „der Mensch ist nicht bloss eın vernünftiges, SOoN- 
dern auch ein sinnliches Wesen. Als vernünftiges will er das 
Gute‘, mithin die Freiheit aller, „als sinnliches‘“ aber „das 
Angenehme und Nützliche”, mithin nur seine eigene Freiheit. 
Daher kann die rechtliche äussere Freiheit aller nicht in einem 
Zustande gesichert sein, in dem jeder nur durch eigene Kräfte 
seine Freiheit zu schützen vermag.?) Diesen Zustand der Anar- 
chie nennt Feuerbach „Naturzustand‘“. Er sei dies nicht des- 
halb, weil er. dem Menschen angemessener wäre, sondern weil 
er dem künstlichen und erfundenen Zustand des Staates ent- 
vegengesetzt wird. Also legt die praktische Vernunft der theo- 
retischen das Problem vor: einen Stand der Sicherheit auf- 
zufinden, „in welchem der Mensch so frei ist, als er es seiner 
vernünftigen Natur gemäss sein soll‘“.®) „Die Verstärkung der 
Kräfte einzelner geschieht durch die Vereinigung der Kräfte 
von mehreren,‘ deren Summe die der Kräfte jedes einzelnen 
überwiegt. „Die nächste Bedingung der Existenz eines recht: 
lichen Zustandes ist daher eine Gesellschaft, deren Glieder sich 
zur Sicherheit der Freiheit vereinigen und ihre Kräfte zum 
Schutze aller wechselseitig verpflichtet haben. Jeder in dieser 
Vereinigung wird zurückgehalten von Beleidigungen durch die 
Macht, die jedem zu Gebote steht: jeder ist sicher vor Be- 
leidigungen, weil seine individuellen Kräfte durch die gesamten 
Kräfte des Ganzen verdoppelt sind.‘ So entsteht die innere 
Sicherheit, d. h. die der Individuen gegen die einzelnen Glieder 
der Gesellschaft. Auf dieselbe Weise entsteht die äussere 
Sicherheit, d.h. „der Schutz der Freiheit gegen die, welche 
nicht Glieder der Vereinigung sind. Denn jeder Einzelne wird 
1) S. 15/16. 2? S. 19. 3) 19/20.
	        
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