Full text: Anselm von Feuerbach, der Jurist, als Philosoph

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ja durch die festesten Bande aneinander, bieten sich wechsel: 
seitig die Hand und jede reicht uns herrliche Blumen, womit 
wir ihre Schwestern schmücken können. Aber wehe dem vagen, 
flüchtigen Polyhistor. Die Leute haben jetzt, sagt Johnson, 
den seltsamen Begriff angenommen, dass man alles durch 
Vorlesungen lernen müsse. Allein ich kann nicht einsehen, 
dass Vorlesungen so viel Nutzen stiften, als das Lesen der 
Bücher, woraus sie genommen sind. Ich weiss nichts auf der 
Welt, das man am besten durch Vorlesungen lernen könnte, 
ausser wo Experimente gezeigt werden müssen. Die Chemie, 
sowie das Schuhmachen lässt sich nicht aus Vorlesungen 
lernen.“ Und bezeichnend ist noch folgender Eintrag, der auf 
eine Art Fauststimmung bei ihm schliessen lässt: „Wie wenig 
bin ich noch! Wie viele Felder des Wissens habe ich noch 
nicht betreten, wie vieles nur oberflächlich berührt! Geschichte, 
Politik, Literatur, Philosophie! wie wenig, wie gar so wenig 
bin ich noch hierin. Aber Mut! Mut! Armer Anselm! du hast 
erst 22 Jahre gelebt!“ Und im Juli desselben Jahres zitiert er 
noch die Stelle aus Tacıtus (Hist. I, 21): „Mors omniıbus ex 
natura aequalis. Oblivione apud posteros vel gloria distin- 
quitur.“‘ 
Im Folgejahr 1798 erscheint in Erfurt die „Philosophisch- 
juristische Untersuchung über das Verbrechen des Hochver- 
rats‘“. In diesem Werke macht er den Versuch, den von den 
damaligen Gesetzen und Rechtsgelehrten sehr ungenau be- 
stimmten Begriff des Hochverrats scharf zu bezeichnen. Hier 
gelangt bereits mehr der Jurist Feuerbach zum Durchbruch. 
Der Autor selbst äussert sich darüber gegen seinen Vater wie 
folgt!): „Hier überschicke ich Ihnen mein Schriftchen über 
den Hochverrat ... Ich hoffe, dass es Ihren Beifall erhalten 
wird, und dass Sie in ihm meine Bemühungen, auch der Juris- 
prudenz etwas zu sein, nicht verkennen werden. Ich hoffe dies 
um so mehr, da Sie gewiss überzeugt sind, dass ohne einen 
(freilich bedächtlichen und bescheidenen) Gebrauch der Philo- 
sophie für die positive Jurisprudenz, am allerwenigsten aber 
für das peinliche Recht, kein wahres Heil zu erwarten Sei. 
Wegen der Entfernung des Druckortes (Erfurt) ist es durch 
einige Druckfehler entstellt worden. Die wichtigsten, habe ich 
ı) Leben und Wirken 1, Bd, S. 45 (Brief an den Vater 26. IL. 1798) 
Fleischmann, Anselm v. Feuerbach.
	        
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