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jämmerlich durch. Trostlos hierüber fordert er am anderen
Tage ein Lied von Sachs zu seiner Brautwerbung; dieser giebt
ihm ein Gedicht des jungen Ritters, von dem er vorgiebt, nicht
zu wissen, woher es ihm gekommen sei: nur ermahnt er ihn,
genau auf eine passende Weise zu achten, nach der es gesungen
werden müsse. Der eitle Merker hält sich hierin für voll-
kommen sicher und singt nun vor dem Öffentlichen Meister-
und Volksgerichte nach einer gänzlich unpassenden und ent-
stellenden Weise ab, sodass er abermals und diesmal entscheidend
durchfällt. Wütend hierüber wirft er Sachs, der ihm ein
schändliches Gedicht aufgehängt habe, Betrug vor; dieser
erklärt, das Gedicht sei durchaus gut, nur müsse es nach einer
entsprechenden Weise gesungen werden. Es wird festgesetzt,
wer die richtige Weise wisse, solle Sieger sein. Der junge
Ritter leistet dies und gewinnt die Braut; den Eintritt in die
Zunft, der ihm nun angeboten wird, verschmäht er. Sachs ver-
teidigt da die Meistersingerschaft mit Humor und schließt mit
dem Reime: „Zerging das heil’ge römische Reich in Dunst,
uns bliebe doch die heil’ge deutsche Kunst!“
Zwischen diesem Entwurfe und dem Drama sind auch
wesentliche Unterschiede vorhanden. Größtenteils betreffen sie
den jungen Ritter, worauf wir hier nicht einzugehen haben.
Aber auch Sachs und sein Verhältnis zu Beckmesser erleidet
durchgreifende Veränderungen: Beckmesser fordert im Ent-
wurf ein Lied von Sachs, im Drama aber stiehlt er ihm ein
solches. Die Meistersinger verteidigt Hans Sachs im Entwurf
mit Humor, im Drama dagegen ist seine Rede „verachtet mir
die Meister nicht“ von einem großen heiligen Ernste und von
bedeutungsvoller Überzeugung durchdrungen. Von der wunder-
vollen Szene zwischen Sachs und dem Ritter und dem vorher-
gehenden Wahn-Monologe treffen wir im Entwurfe nicht die
geringste Andeutung, vor allem aber auch keine Spur vom
Verhältnis Hans Sachs’ zu Eva. Der III Aufzug namentlich
lässt uns im Entwurfe viel vermissen, was uns im Drama so
glänzend entgegenleuchtet.