Objekt: Stenographischer Bericht der 34ten Generalversammlung Deutscher Müller und Mühlen-Interessenten zu Nürnberg vom 17. bis 20. Juni 1906 (34. (1906))

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die persönliche Freiheit, der viel, viel weittragender wäre als die Ein— 
führung einer Ümsatzsteuer. Ich glaube deshalb, daß diese Bestrebungen 
auf Syndikate niemals den bisherigen Bestrebungen des Verbandes auf 
Einführung einer gerechten Tarifierung und auf Einführung einer Umsatz— 
besteuerung vorangestellt werden dürfen. Damit bin ich ganz einver— 
standen, daß auch noch andere Mittel und Wege gesucht werden, den Zu— 
stand zu bessern, und ich verfolge die Bestrebungen der Herren, die auf 
die Vereinigung des Verkaufs hinzielen, mit lebhaftem Interesse. Aber 
ich habe den Glauben nicht finden können, daß auf diesem Wege etwas 
Besseres geschaffen werden könnte als durch Einführung der Umsatzsteuer 
und einer gerechten Tarifierung. (Bravo!) Ich befürchte vielmehr, daß 
diese Bestrebungen eine Zersplitterung und eine Verwirrung in unserem 
Verbandsleben erzeugen könnten. Ich befürchte sogar, daß unseren 
Gegnern damit eine Waffe in die Hand gegeben wird, um unsere anderen 
Bestrebungen hinauszuschieben. (Richtig!) Deshalb kann ich mich nicht 
dazu entschließen, die Forderungen, namentlich wenn sie so weit gehen, 
wie sie Herr Hantel stellt, zu unterstützen. 
Auf alles Vorgebrachte einzugehen, reicht die Zeit nicht aus, einige 
Punkte muß ich aber noch erörtern. Es wird neuerdings sogar der Ver— 
such gemacht, die Überproduktion zu bestreiten. Ja, m. H., was ist denn 
schuld an den heutigen Zuständen? Doch nichts anderes als die Massen— 
fabrikation! Die schafft Überproduktion, und wenn tatsächlich auch kein 
Sack Mehl in das Meer geworfen wird, so hat es doch zur Folge, daß, 
trotzdem die deutsche Bevölkerung jährlich um 800 000 Seelen zunimmt 
und für deren Ernährung mehr Mehl hergestellt werden muß, eine Aus— 
schaltung des Kleingewerbes durch die Macht des Großkapitals eintritt 
und daß jedes Jahr 700 bis 800 Mühlen ihren Betrieb einstellen müssen. 
Daran müssen wir festhalten. Die Frage, ob eine Ueberproduktion vor— 
liegt, so oder so zu beantworten, ist doktrinär; aber Tatsache ist, daß die 
Mäassenfabrikation solche Zustände geschaffen hat, daß sie beschränkt werden 
muß, und es ist nur die Frage aufzuwerfen, auf welche Art und Weise 
dies geschehen soll. Da ist die Mehrzahl nun der Meinung, daß die 
Umsaktßzsteuer besser ist als die zwangsweise Einführung von Syndikaten. 
Ich habe mit den Herren über ihre Stellungnahme Rücksprache 
genommen und habe von einigen Herren den Auftrag erhalten, mitzu— 
deilen, daß auch eigentliche Gegner ein Entgegenkommen zeigen wollen, 
und daß, wenn die heutige Versammlung damit einverstanden ist, daß die bis— 
herigen Fragen bezüglich der Frachten und der Umsatzsteuer nicht zurück— 
gestellt, nicht ausgeschieden werden und daß die neue Frage der Syndizierung 
bloß eine weitere, aber auch fernerliegende Frage, die behandelt werden 
solle, sein sol, der Ausschuß morgen noch einmal zusammentreten wird, 
um über Bewilligung von Mitteln zu beraten. (Bravo!“ Würden Sie, 
m. H., damit einverstanden sein? (Zustimmung und Ruf: Alle!“ Das 
wird sich zeigen, wenn die Abstimmung kommt. Das wäre ungefähr das, 
was ich Ihnen wegen der kurzen Zeit nur noch vortragen wollte. 
M. H., wenn Herr Ullrich vorhin in einem so warmen Appell an 
die Bayern die Mahnung richtete, beizustimmen, so möchte ich den gleichen 
warmen Appell auch an die Geganer der Umsatzsteuer richten. Wenn Sie
	        
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