Volltext: Zu Nürnberg

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noch einmal gründlich durch und reiche es bei unserem Direktor 
ein. Er ist ein verständiger, vorurteilsfreier Mann, er wird Dir 
sagen ob Du auf einen Erfolg zu rechnen hast, oder nicht.“ 
Heinrich schaute nachdenklich vor sich nieder. „Du meinst .. 
„Gewiß,“ rief nun auch Lotte aufmunternd. „Versuchen 
Sie's doch. Wenn das Stück angenommen wird — wir haben 
gute Schauspielkräfte hier — wer weiß ....“ 
Der also Bestürmte überlegte eine Weile, dann schüttelte 
er heftig den Kopf. 
„Nein, nein — ich kann's nicht. Noch einmal die ganze 
Aufregung durchleben, die mich dieses „Irrlicht“ schon einmal 
gekostet hat — das kann ich nicht.“ 
Aber der einmal angeregte Gedanke wollte ihn nicht mehr 
verlassen. Unruhig warf er sich in der Nacht auf seinem Lager 
hin und her, wieder und wieder erwägend und überlegend. Er 
änderte bereits im Geiste verschiedene Scenen — gestaltete die 
Aktschlüsse wirkungsvoller — strich hier und fügte dort an — 
bis es ihm endlich keine Ruhe mehr ließ, aufzustehen, das 
Manuskript zu suchen und sich sogleich wirklich an die Arbeit zu 
machen. 
Als ihn am Morgen sein Mütterchen zum Frühstück rief, 
kam er blaß und übernächtig herab, aber mit einem zufriedenen, 
hoffnungsfreudigen Ausdruck in den Zügen. Droben lag das 
umgearbeitete Schauspiel und in den nächsten Tagen wollte er's 
in die Theaterkanzlei einreichen. 
Bangen Herzens erwartete er in den nächsten Wochen 
Bescheid und jubelnd empfing er endlich das Schreiben mit dem 
„Sur Aufführung angenommen“ darin. 
Heiß und inbrünstig stieg der Wunsch in ihm auf, daß 
ihm doch diesmal der Wurf gelingen möge — nicht um seinet— 
willen, nicht um Ruhm und Geld; nur um des teuren Vaters 
Hertrauen wieder zu besitzen, seine Verzeihung endlich zu erlangen. 
Und es sollte gelingen! Als der Winter nahte und die 
Pforten des Stadttheaters dem kunstliebenden Publikum sich
	        
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