Volltext: Zu Nürnberg

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Drittens endlich, weil Peter eine Schwester hatte, welche 
Puppen besaß — Geschöpfe primitivster Art allerdings — aber 
doch Puppen und die hatte Heinrich für sein Leben gern. Er 
konnte stundenlang in Vaters Garten oder irgend einem Mauer— 
winkel sitzen und für seine dankbaren Zuhörer Peter und Lotte 
die herrlichsten Puppenkomödien ersinnen und aufführen. 
Auch an einem heißen Sommernachmittag saßen die drei 
Kinder, wiederum ganz vertieft in ihr Spiel, in dem halbdunklen, 
feuchtkühlen Tiergärtnerthor-Durchgang. Lotte hatte eine hand— 
boll Naschwerk von ihrer Nachbarin, der Zuckerbudenbesitzerin 
bekommen und eiligst baute Heinrich mittelst etwas „Mundleim“ 
ein kunstvolles Suckerhäuschen daraus. Eine papierne Hexe 
wurde hineingesetzt, CLotte's Puppen, welche das Häuschen an 
Leibesgröße zehnmal überragten, stellten Hänsel und Gretel vor 
und das Märchenspiel konnte beginnen. 
Als der jugendliche Dramatiker gerade im besten Zuge 
war, wurde er von einem Herrn unterbrochen, der des Weges 
kam und vor den Kindern stehen blieb. 
„Könnt Ihr mir sagen, wo der Freiherr von Aufseß wohnt?“ 
AÄrgerlich über die Störung erwiderte Heinrich kurz und 
unfreundlich: „Im Pilatushans.“ 
„Willst Du mir das nicht zeigen?“ wandte sich der Fremde 
nun an den respektvoller dreinblickenden Peter. „Ist dortselbst 
wobl die Altertumssammlung zu sehen?“ 
„Ein Teil davon — die Hauptsache ist aber da oben im 
Turm. Warten Sie, ich führ' Sie zu meinem Vater, der zeigt 
Ihnen Alles.“ 
Damit sprang Peter bereitwillig voran. Lotte mochte 
Puppen und Zuckerhäuschen nicht im Stich lassen, Heinrich aber 
trieb die Neugierde nun doch, auch nachzulaufen. 
Peter klopfte an das Fenster der elterlichen Wohnung, die 
sich in einem der an den Turm angebauten Hüttchen befand und 
rief den Vater herbei. Der Fremde fragte indeß den abseits
	        
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