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das, in der Werktagsschule Gelernte zu befestigen und mit Rücksicht auf das
praktische Leben zu ergänzen. Daß die Mädchen, welche der Werktagsschule ent—
wachsen waren, noch einige Jahre unter die Aufsicht der Schule und der Kirche
gestellt wurden, — denn mit der Sonntagsschulpflicht verband sich auch für die
Mädchen die Verpflichtung zum Besuche der sonntäglichen Christenlehre — war vom
Standpunkte der Erziehung gewiß nicht zu unterschätzen. Allein bei der geringen
Stundenzahl, welche für den Unterricht festgesetzt wurde, Ihe bis 2 Stunden jeden
zweiten Sonntag nachmittags, waren von vorn herein erhebliche Unterrichtserfolge
ausgeschlossen. Und außerdem hatte die Einrichtung von Anfang an unter der
Abneigung vieler Eltern und Dienstherrschaften, die Töchter und Dienstmädchen am
Sonntag Nachmittag in die Schule zu schicken, unter der Ungleichmäßigkeit in der
Vorbildung der Schülerinnen wie unter dem fortwährenden Wechsel derfelben im
Laufe des Schuljahres zu leiden. Um den aus der Werktagsschule austretenden
Schülerinnen Gelegenheit zu weiterer Ausbildung zu geben, errichtete der Magistrat
daher im Jahre 1873 eine Mädchenfortbildungsschule, die sich allmählich zu einer
Handelsschule für Mädchen entwickelte, und im Jahre 1896 die 8. Klassen der
Werktagsschule, in welchem vor allem auf die Heranbildung der Mädchen zu tüchtigen
Hausfrauen Bedacht genommen wird. Da äber zur Aufnahme in diese Schulen
ein gewisses Maß von Kenntnissen nachzuweisen und der Besuch derselben ein
durchaus freiwilliger ist, so wird die Mädchensonntagsschule immer noch von der
großen Mehrzahl der aus den hiesigen Werktagsschulen austretenden und von aus—
wärts hieher überwiesenen Mädchen besucht.
2. Einrichtung und Leitung.
Zu jeder Gruppe der Werktagsschulen gehört auch eine Mädchensonntags⸗
schule. Demgemäß gliedert sich dieselbe in drei Hauptgruppen. Es gibt prote—
ttantische, katholische und simultane Mädchensonntagsschulen. Da der Besuch dieser
Schulen ein dreijähriger ist, so bestehen erste, zweite und dritte Kurse— Für
Schülerinnen, welche am Sonntag nicht abkommen können, sind Werktagskurse, für
Schülerinnen, welche im Laufe des Schuljahres von auswörts überwiesen werden,
Sammelkurse, für solche endlich, welche aus irgend einem Grunde an den öffent—
lichen Kursen nicht teilnehmen wollen, Privatkurse mit mäßigem Schulgelde einge—
richtet. Der Unterricht in diesen letzteren findet in wöchentlich einer Stunde an
einem Werktage, in der Regel am Mittwoch statt. In allen Kursen wird derselbe
von den Lehrern der Volksschule erteilt. Die Aufsicht üben die acht Inspektionen
der Volksschule.
3. Lehrgegenstände und Unterrichtszeit.
Die Unterrichtsgegenstände der Mädchensonntagsschule sind dieselben wie in
der Werktagsschule. In den Privatkursen wird vieifach auch häusliche oder ge—
werbliche Buchführung gelehrt.
Die Unterrichtszeit umfaßt jeden zweiten Sonntag die Stunden von 1453 Uhr
nachmittags. In den Werktags- und Privatkursen wird der Unterricht gewöhnlich
am Mittwoch von 11-12 oder nachmittags erteilt.
4. Zahl der Lehrkräfte und der Schülerinnen.
Im Schuljahr 1897,98 bestand die Mädchensonntagsschule aus 86 Kursen
pit ebensoviel Lehrern und mit 3187 Schülerinnen. Und zwar gehörten von diesen
dursen:
zu prot. Schulen 36 mit 1372 Schülerinnen — 43,04 Proz.
zur kath. Schule II, 508 , a 15,959 ,
zu Simultanschulen 39, 1307 — 41,011,
Die Verteilung der verschiedenen Kurse auf die drei Schulgruppen zeigt fol—
gende Ubersicht: