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Diese Lösung ist 22 Jahre später thatsächlich erreicht
worden. Damals schwanden bald alle Hoffnungen wie Be-
fürchtungen; die alten Verhältnisse kehrten zurück, wenn
auch der Gedanke neuer Bildungen unausgesetzt die Regierung
Maximilians beschäftigte. Luitpold blieb in engem Zusammen-
hang mit den Geschäften. Als Mitglied der Kammer der
Reichsräte hatte er an sich verfassungsmäfsig Recht und
Pflicht, wichtige Staatsfragen aller Art mit zu entscheiden.
Er versagte sich aber auch nicht dem königlichen Bruder,
wenn dieser unmittelbar seinen Rat begehrte. Häufig vertrat
er ihn: führte den Vorsitz in Sitzungen des Staatsrats, er-
öffnete oder Schlofs in den Königs Namen den Landtag,
übernahm Ehrenmissionen an fremde Höfe. Schon 1840 beim
Regierungsantritt Friedrich Wilhelms IV. war er, damals im
Auftrage seines Vaters, an dem verwandten preufsischen Hof
zur Beglückwünschung erschienen; 1861 wohnte er als Ver-
treter seines Bruders der Krönung Wilhelms I. in Königs-
berg bei und damit dem Anfang der neuen Ära, die, in ihrer
weiteren Entwicklung durch Bismarcks zielbewufsten Geist
bestimmt, auch die endliche Entscheidung der deutschen
Frage, freilich durch Blut und Eisen, bringen sollte. Maximilian
starb, als die schicksalsvolle Bewegung (1864) begann, noch
in seinen letzten Tagen ein leuchtendes Beispiel gewissen-
hafter und selbstloser Erfüllung der Herrscherpflichten;
Luitpold sollte dem ganzen Gang des Schicksals, welches
das Antlitz des deutschen Volkes umbildete und ihm das
Gepräge der Gröfse gab, durch alle Tiefen und auf alle
Höhen folgen. Gleichsam als sollte er gestählt werden
für die schweren Zeiten, denen zunächst Bayern entgegen-
ging, traf ihn im Familienkreis ein Schlag nach dem an-
dern. Kaum hatte sich die Gruft über dem königlichen
Bruder geschlossen, als auch über die Schwester Hildegard,
die Gemahlin des Erzherzogs Albrecht von Österreich, sich
die Schatten des Todes lagerten; und wenige Wochen später
kam für sein eigenes Haus, das bisher die Stätte echten und
reinsten Familienglücks gewesen war, der schmerzliche Augen-
blick, wo es galt von der Gattin und Mutter für diese Welt
Abschied zu nehmen. Tiefgebeugt von so viel Unglück fand
er doch Trost in der Liebe der trefflichen Söhne und Töchter,