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dass sein Verfasser nicht ein neues Schlagwort geprägt hat, son-
dern klug angeknüpft hat an eine schon vorhandene und all-
gemein verbreitete Vorstellung, an ein Ideal, was nicht erst durch
ihn dem 16. Jahrhundert gegeben zu werden brauchte, wie Schmid
annahm, sondern was er und seine Zeit als ein Erbteil des aus-
gehenden Mittelalters übernahm.
Il. KAPITEL.
Der christliche Ritter. ein Ideal der deutschen
Mystik.
Die Vorstellung, dass das Leben des Menschen auf dieser
Erde ein Rittertum sei im beständigen Kampfe gegen die Mächte
des Bösen, findet sich mehrfach schon im alten Testamente aus-
gesprochen. Die bekannteste, auch von Luther mehrfach für dies
Gleichnis herangezogene, Stelle ist Hiob 7, 1: „Muss nicht der
Mensch immer im Kampfe sein auf Erden“, -— oder, wie sie die
deutschen Bibeln des 15. Jahrhunderts übersetzen: „So ist denn
des Menschen Leben nichts ’anderes denn eine Ritterschaft hier
auf Erden.“ Daneben kommen Jesaias 24, 1 und 40, 2 und
Psalm 30, 25 in Betracht. Mit besonderer Vorliebe wendet aber
Paulus in seinen Briefen dieses Gleichnis an,! am ausführlichsten
in der allbekannten Stelle Epheser 6: „Ziehet an die Waffen-
rüstung Gottes, dass ihr bestehen könnet wider die Schliche des
Teufels; denn ihr habt nicht zu kämpfen gegen Blut und Fleisch,
sondern gegen die Herrschaften, gegen die Mächte, gegen die
Weltherrscher dieser Finsternis, gegen die Geisterwesen der Bos-
heit in der Himmelswelt. Darum nehmt die Rüstung Gottes, dass
ihr widerstehen könnet am bösen Tag, und alles bewältigend
aufrecht bleiben. So stehet also, eure Lenden gegürtet mit Wahr-
heit, angethan mit dem Harnisch der Gerechtigkeit, die Füsse
geschuht mit der Bereitschaft zum Evangelium des Friedens, bei
1 2. Timotheus 2, 3 und I, ı, ı8 und 6, 12; ı. Thess, 5, 3; 2.
Kor. 10, 4.