Volltext: Beiträge zu Dürers Weltanschauung

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warum soll denn der Malerknabe durch Ueberarbeitung nicht auch 
schwermütig im gewöhnlichen Sinne des Wortes sein können, 
wenn er verzagt nach fruchtlosen ‘Versuchen die Schwere der 
Kunst überdenkt, der er sein Leben widmen will? Jedenfalls 
werden wir: gerade :auf Grund dieser Stelle sehr wohl verstehen, 
dass auch für den so sehr Musik liebenden Dürer die Töne ein 
treffliches Mittel waren, um traurige Gedanken zu vertreiben. Dar- 
um hat er das Schema der mittelalterlichen freien Künste frisch- 
weg durchbrochen und die geliebte Musik nicht mit unter die 
Thätigkeiten eingereiht, deren Symbole die Schwermut umgeben. 
Das ist ein feiner persönlicher Zug, der uns seine „Melancholie“ 
menschlich nur desto näher bringt. 
Soweit wäre also alles klar, wohl auch der hübsche Gedanke, 
dass Dürer das Wort Melencolia in die Flügel einer Fleder- 
maus eingräbt, die ihren Flug beginnt, wenn das Dunkel herein- 
bricht. Da ist die beste Zeit für schwermütige Gedanken und der 
Mensch am wenigsten widerstandsfähig gegen traurige Stimmung. 
Bei Nacht sieht sich ja alles doppelt schwer und schwarz an, was 
die Seele bedrückt, wie andererseits auf dem Hieronymus-Bilde 
der Sonnenschein alles mit Fröhlichkeit übergiesst. Es sind nächtliche 
traurige Gedanken, welche die grübelnde Frau bestürmen. Die Flügel 
trägt sie, weil zu Dürers Zeit allegorische Begriffe regelmässig 
veflügelt dargestellt werden. Aber gewiss hat der gedankentiefe 
Künstler auch das Geistige des ganzen Begriffes dadurch beson- 
ders betonen wollen, das Seelische. Es ist die menschliche 
Seele, die in Schwermut versinkt, weil alle die 
Künste und Fertigkeiten, alle die weltlichen 
Kenntnisse und Forschungen sie doch nicht zu 
befriedigen vermögen, ihr nicht das Glück brin- 
gen. 
Das ‚Glück, die wahre Befriedigung, der volle Seelenfrieden 
ist nur zu finden .auf dem anderen Wege, den ihr Gegenüber, 
der fromme Kirchenvater, eingeschlagen hat indem er allem 
weltlichen Wissen entsagte und nur noch der göttlichen Weisheit 
diente. 
Wie? Das wäre Dürers Ueberzeugung gewesen? Er, der sein 
Leben, seine ganze Kraft in den Dienst gerade jener weltlichen 
Wissensgebiete und Künste gestellt und soviel zu deren Förderung
	        
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