Volltext: Catharina Regina von Greiffenberg (1633-1694)

sünfundzwanzigstes Kapitel. Gestilltes Sehnen. 191 
Fünfundzwanzigstes Rapitel. 
Gestilltes Sehnen. 
Zchier vier Wochen waren vergangen, da empfing eines 
Abends die Magd den Meister Dürer, welcher von einem Aus— 
gang heimkehrte, mit der Meldung: „Der Herr Ratsschreiber 
ist da gewesen, hat nach Euch gefragt und Euer Abwesen aufs 
höchste bedauert, auch hinterlassen, Ihr möchtet, falls Ihr bald 
wieder kämet, eilends nach dem Augustinerkloster kommen.“ 
Sofort machte Dürer auf der Schwelle wieder Kehrt und 
begab sich, große Schritte nehmend, nach dem bezeichneten Ort. 
Er fand die gesamte Ordensbruderschaft im großen Remter 
hei einander. 
„O daß Ihr nicht früher zur Stelle waret, Meister Dü— 
rer“, rief der Prior dem Eintretenden entgegen. „ Nun ist es 
zu spät!“ 
„Was ist geschehen?“ fragte Dürer betroffen. 
Der Prior trat ihm näher, reichte ihm die Hand und 
sprach: „Nach dessen Anblick Ihr Euch so sehr gesehnet, vor 
einer Stunde saß er hier auf diesen Sessel.“ 
„Der Luther?“ fuhr's dem Meister Dürer schnell heraus. 
„Ja, der Luther“, bestätigte der Prior. „Wir haben ihn 
gesehen, wir haben mit ihm geredet — o, ich segne den Tag, 
da der Gesegnete des Herrn unter unser Dach getreten.“ 
Dürer war untröstlich über sein Mißgeschick, daß er die 
rechte Stunde hatte verfehlen müssen, und ließ sich nun das 
Nähere erzählen. Er erfuhr, der Luther sei zu Fuß von Wit— 
tenberg dahergekommen und todmüde bei den Ordensbrüdern 
eingekehrt. Man habe ihn erquickt mit Speis und Trank, und 
Bruder Link habe ihm auch seine Kutte gegeben, da er sich in
	        
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