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der es nicht verdient, mit ausgeklopft worden. Sacer geht mit
seinen Zeitgenossen und Vorgängern scharf ins Gericht. Besonders
stark wird Zesen mitgenommen. Aber nicht nur die Kunstpoeten
seiner Zeit, auch die Vertreter der volksmäßigen Dichtung früherer
Tage dienen seiner Satire als Zielscheibe. Unter solchen Umständen
darf es nicht wundernehmen, wenn Sacer, dem alles, was nur
irgendwie nach Zunft riecht, verhaßt ist, auch an dem bedeutendsten
Mitgliede der Meistersängerzunft nicht stillschweigend vorübergeht.
So muß denn bei einer Erörterung über den Gebrauch einsilbiger
Wörter in den „Nützlichen Erinnerungen“ (1661) auch „der vom
Schuster-Geiste regierte Hanß Sachse“ neben dem Kirchenlieder-
dichter Herman und einem unbedeutenden Bachmann als ein Poet
von anfechtbarer Güte erscheinen.! Noch schärfer trägt Sacer in
aänem Werke auf, das man erst seit neuerer Zeit ihm mit Sicher-
heit zuschreiben zu können glaubt, in der satirischen Poetik „Reime
dich oder ich fresse dich“ (1673).* Schon der langatmige Titel
!äßt den Inhalt ahnen, er läuft auf eine Verspottung zunftmäßiger
Poeterei hinaus. Die alte Volkspoesie und die platte Kunstpoesie
verfallen in gleicher Weise der Geißelung. Die Einkleidung geschieht
in der Weise, daß dem Hans Wurst in ironischer, mitunter ganz
witziger Art Unterweisungen gegeben werden, wie er ein gekrönter
Poet werden könne. Die Satire liegt vor allem darin, daß dem
Hans Wurst aller möglicher Unsinn, gerade das Gegenteil vom
wahren Poetischen, empfohlen wird. Störend sind die Wieder-
holungen. Gleich die Weihe Hans Wurstens zum Poeten gibt einen
Vorgeschmack des Folgenden (S. 3): „Ich weiß und schwere es
bey dem Huffeisen des Gorgonischen Pferdes, bey dem Schu-Leisten
Hanß Sachsens des Po@tens, bey des Caesii Rosenmunde, Rosen-
{labbe oder Rosenschnute, bey allen Poeten und Poetastern, daß du
zu dieser Kunst eben so geschickt bist ut ASINUS ad lyram, das
ist, wie der Vogel zum fliegen.“ Er erklärt ihm dann (S. 9):
„Poeten werden von Himmel angesteckt,“ sie brauchen nichts zu
studieren. Da erscheint dann wieder als nicht auszulassendes Bei-
! Nützliche Erinnerungen Wegen der Deutschen Poeterey, Alten
Stettin, 1661, S. 42,
2 Vgl. Goedeke, Grundr. 32, 239 (17), Borinski, Die Poetik der
Renaissance, S. 297—-3083.